Beschreibung
In Epochen geistiger Krisen entwickelt sich ein seismographisches Feingefühl für das Groteske, denn die Welt verzerrt sich in solchen Umbrüchen dem Menschen. Die Kunst der Gegenwart hat ein Gespür für das Groteske wie vielleicht keine andere Epoche und bietet in ihren Darstellungen Bilder der Verfremdung. Wolfgang Kaysers Versuch, das Phänomen des Grotesken in der europäischen Literatur und Malerei über fünf Jahrhunderte hinweg seit dem ausgehenden Mittelalter zu klären und seine vielfältigen Gestaltungen sowie seine jeweils charakteristischen Züge zu interpretieren, erscheint heute so aktuell wie eh und je. In einer Epoche, die nicht mehr an geschlossene Weltbilder und überlieferte Ordnungen glaubt, wird Kaysers Definition des Grotesken zu einer Kategorie, auf die sich Literatur- und Kunstwissenschaft heute noch beziehen können. Der einleitende Essay von Günter Oesterle versucht Wolfgang Kaysers Ansatz wissenschaftsgeschichtlich zu umreißen und die nachfolgende internationale Forschung zu skizzieren.