Beschreibung
In der deutschen Literatur des Mittelalters und der Frühen Neuzeit besitzt der Narr eine zentrale Rolle. Er erscheint als der Außenseiter, der die Ordnung der Gesellschaft und die herkömmlichen Denkweisen in Frage zu stellen vermag. Der Narr entzieht sich jedem Versuch einer eindeutigen Begriffsbestimmung. Unzählige Definitionsversuche zeugen von der Ratlosigkeit vor dieser schillernden Gestalt. Der Diskurs über den Narren mündet in die Reflexion über das Anderssein.
Die Beiträge dieses Bandes gehen aus dem im März 2008 vom «Centre d’Etudes Germaniques Interculturelles de Lorraine» veranstalteten Kolloquium hervor. Sie versuchen, einen Gesamtüberblick über das Narrenmotiv im Mittelalter und der Frühen Neuzeit zu gewinnen. Im Mittelpunkt stehen Werke der deutschen Literatur, wobei auch Schriften gewürdigt werden, die unter diesem Blickwinkel bislang kaum berücksichtigt wurden. Verschiedene Perspektiven kommen zum Tragen wie die Mehrdeutigkeit des Terminus «Narr», die Beziehung zwischen Narrheit und Weisheit sowie die Vielfalt der Funktionen, die der literarische Narr innehat. Narren ermöglichen (oft kritische) Überlegungen über das Verhältnis des Menschen zu Gott, über die Legitimität der politischen Macht und nicht zuletzt über das Wesen der Literatur. Grundlegend ist auch der Bezug zur Ikonographie: Die Gestalt des Narren konkretisiert sich im Bild und erhält auf diese Weise eine Anschaulichkeit, die zu seiner Publikumswirksamkeit entschieden beigetragen hat.
Autorenportrait
Der Herausgeber: Jean Schillinger ist seit 2000 Professor für Germanistik an der Universität Nancy. Seine Forschungsschwerpunkte sind: Polemik und Meinungsbildung in der Frühen Neuzeit, Herausbildung und Einsatz von nationalen Stereotypen, deutsche Literatur der Frühen Neuzeit.
Inhalt
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