Beschreibung
Im badischen Stadelhoven anno 1412: Der Apotheker Jerg heiratet die hübsche rothaarige Ann aus der freien Reichstadt Offenburg. Das ebenfalls aus einer Apothekerfamilie stammende Mädchen ist als Waise um ihr Erbe gebracht worden. So ist Ann froh, Stadt und verhasste Pflegefamilie endlich verlassen zu können, in der sie zuletzt wie eine Magd behandelt worden ist. Jerg, der ihre erotischen Anlagen erkannt hat, führt sie mit sicherer Hand in die Welt der lustvollen Unterwerfung ein. Anns Schicksal könnte sich nun also zum Guten wenden. Doch Jerg erzieht Ann nicht für sich selbst zur devoten Gespielin. Auf der kleinen Stadt am Oberrhein und vor allem auf den Rittern von Stadelhoven lastet ein düsteres Geheimnis. Und der Apotheker hatte schon einmal eine junge Frau, die auf ungeklärte Weise verschwunden und für tot erklärt worden ist. Wieder ein typischer Gerwalt-Roman: Abgründig, psychologisch stimmig und akkurat im historischen Setting, leuchtet der Autor dieses Mal über eine böse Form des >Horseplays< die Welt der sexuellen Entpersonalisierung aus.
Autorenportrait
Es gibt Macher und es gibt Schreiber. Erstere schaffen Fakten, letztere beobachten, analysieren, saugen Informationen auf, um dann aus der Distanz zum realen Geschehen heraus eigene, virtuelle Welten zu beschreiben. Gerwalt ist beides: Macher UND Schreiber. Die Distanz zum Leben geht ihm notgedrungen ab. So sind seine Romane nichts anderes als die Fortsetzung seiner realen Gestaltungen, jedoch mit erweiterten Mitteln: kreiert mit den Freiheitsgraden vergangener Welten oder denen außerhalb von Gesetz und Moral. Folgerichtig sind Gerwalts Geschichten keine Fiktionen sondern eher Pläne. Gerwalt reproduziert dabei keine Plots aus dem Allgemeingut, sondern er hat den Selbstanspruch innovativ zu sein. Und er verlangt dem Leser ab, zwischen den Zeilen zu lesen, versucht komplexe Zusammenhänge quasi neben den Buchstaben des Geschriebenen zu transportieren. Gerwalt buhlt definitiv nicht um die Gunst des Lesers, seine Twists sind bisweilen hart und werden nicht in Gänze erklärt, die Handlung ist streckenweise als brutal zu bezeichnen, und das Böse steht stets gleichwertig neben dem Guten. Denn Gerwalt sieht sich in einer Mission: die Abspaltung des Bösen aufzuheben, um zumindest literarisch den ganzheitlichen Menschen herzustellen. Die Dunkelangst weg zu leuchten. So ist der Sieg des Guten aus seiner Sicht KEIN Happy End. Natürlich steht Gerwalt damit deutlich neben dem Mainstream. Da er zudem völlig unfähig zur gewinnenden Selbstvermarktung ist, wird er absehbar ein Nischen-Autor bleiben. Aber das ist in Ordnung so.