Beschreibung
Kaffeehauslieder – der Titel dieses Lyrikbandes öffnet die Tür zum Lebensraum abendländisch-männlichen Geisteslebens – so scheint es. Doch die Gedichte stammen von einer Frau, und diese stammt aus China. Was Zhai Yongming an sich und den anderen beobachtet, dem widmet sie sich ausgiebig – hier ist das Gedicht keine Kurzform, bleibt auch keine vereinzelte Momentaufnahme. Vielmehr sind es Lebensgeschichten, die sich ihrer poetischen Aufmerksamkeit öffnen und zu Zyklen entwickeln. Zhai Yongming fokussiert weiblich, das ist keine Frage, und Sylvia Plath und Frida Kahlo haben sie darin beeinflusst, doch was an so unterschiedlichen Plätzen der Welt wie Chengdu, New York und Berlin in ihren Blick gerät, gibt sich in ihren Versen als existenzielle Grundform zu erkennen.
'Und es ist nicht nur die Sonne, die kreist, der Abstieg
begann zuvor, als ich zur Welt kam, mit dem Kopf
zuerst, welch schreckliche Plage, so gewann ich Form
behielt den Blick zur Erde als Fakt und wuchs heran'
Autorenportrait
Zhai Yongming wurde 1955 in Chengdu geboren, der Provinzhauptstadt von Sichuan, und betreibt dort das Künstlercafé 'Weiße Nächte'. Ihre Poesie verarbeitet die Schrecken der Kulturrevolution ebenso wie ihre New Yorker Zeit, 1990–1992, oder ihren Berlin-Aufenthalt im Jahr 2000 als Stipendiatin des DAAD.