Beschreibung
Dass Ferdinand Tönnies nach dem zweiten Weltkrieg in der deutschen Soziologie wieder ernsthaft zur Kenntnis genommen wurde, ist unter anderem auch der Diskussion seiner Texte unter amerikanischen Fachkollegen zu verdanken. Ein besonderes Verdienst erwarben sich dabei jene Emigranten aus Deutschland, denen es in der akademischen Landschaft ihrer neuen Heimat gelang, einem größeren Publikum die komplex ineinander verschachtelte Begriffsarchitektur des Nestors der deutschen Soziologie in verständlicher Weise nahezubringen. Beispiele hierfür finden sich im vorliegenden Reader. Texte wie der von David Lindenfeld können zweifellos eine wissenschaftsdidaktische Vorbildfunktion für sich in Anspruch nehmen. John Samples und David Lindenfeld befassen sich aus unterschiedlicher Perspektive mit dem ambivalenten Verhältnis von Tönnies zu Kant und Marx. Perry Howard versucht nachzuweisen, dass die Begriffsarchitektur des soziologischen Systems von Tönnies weiterträgt als jene von Marx, Weber, Durkheim und Simmel. Im ersten seiner zwei Beiträge diskutiert Klaus Heberle die widersprüchliche Position, die Tönnies im Werturteilsstreit gegenüber Max Weber einnahm, im letzteren die Theorie der sozialen Entwicklung von Tönnies, mit der er beanspruchte, die gesamte historische und aktuelle Kultur bis hin zum Geist der Neuzeit in ihrem Sein und Werden als eine Einheit denkbar und darstellbar zu machen.