Beschreibung
Friedrich Schlegel hat mit Augenzwinkern festgestellt, 'dass die Worte sich selbst oft besser verstehen, als diejenigen, von denen sie gebraucht werden'. Ähnliches lässt sich bezüglich Bildern festhalten: Ihre Wirkung kann von denen, die sie produzieren und in Umlauf bringen, nicht kontrolliert werden. Solche nicht kalkulierbaren Rezeptionsgeschichten, über die Bilder in Konstitutionsprozesse politischer Hegemonie verstrickt sind, werden in diesem Band in den Blick genommen. Dabei wird eine >Übersetzung< zwischen politischer Theorie bzw. Philosophie und Bildforschung (Bildwissenschaft, Ästhetik, Kunstgeschichte) angestrebt. Den eigendynamischen Verknüpfungen von Bildern, Wahrnehmungen und Handlungen kommt im Zeitalter des Zerbrechens von überlieferten Traditionen des Weltbegreifens, von >Globalisierung< und der weiten Verbreitung von Medien wie Film, TV, Video oder Internet eine besondere Bedeutung zu. Bilder halten unsere Gewissheiten am Platz und gestalten die Beziehungen zwischen Kulturen und Klassen mit. Bislang stand die Frage im Vordergrund, wie Hegemonie - in kontingenter Weise und innerhalb der Pluralität sozialer Akteure - durch Sprache als dominanten Faktor hervorgebracht wird. Während also die bisherigen Theorien diese Prozesse aus linguistischer Perspektive betrachteten, konzentrieren sich die in diesem Band versammelten Beiträge darauf, das Konzept politischer Hegemonie eng an die Untersuchung von Bildwelten und des visuell Imaginären zu knüpfen - wobei nicht ein Gegensatz von Bild und Sprache angenommen wird, sondern eine wechselseitige Motivierung. Sie widmen sich dem Eigensinn von Bildern und deren Potenzial, Gegebenes herauszufordern. Die hier vorgestellten Ansätze befragen außerdem die Rolle, die Bilder sowohl für die Aufrechterhaltung als auch für den Wandel der Sichtbarkeitsordnungen in diktatorischen und demokratischen Regimen spielen.
Autorenportrait
Alice Pechriggl ist Philosophin und Gruppenpsychoanalytikerin. Sie studierte Philosophie, Politikwissenschaft und Alte Geschichte in Wien, Florenz und Paris, wo sie mehrfach Gastprofessorin war. Sie ist seit 2003 Professorin am Institut für Philosophie der Universität Klagenfurt und arbeitet u.a. zum politischen Imaginären sowie zum Körperimaginären im Anschluss an Castoriadis (siehe vor allem Corps transfigurés. Stratifications de l'imaginaire des sexes/genres, Paris 2000). Seit 2007 ist die Mitglied des AK Visuelle Kultur an der Universität Klagenfurt.
Inhalt
Anna Schober; Alice Pechriggl
Hegemonie und die Kraft der Bilder
Gustavo Castagnola
The Stuff Dreams and Nightmares Were Made of. Perón, Evita and the Struggle for Hegemony in Argentina, 1955?-?1973
Iris Därmann
Theorieszenen. Transformationsanalysen zum bellizistisch-agonalen Imaginären bei Platon, ?Thomas Hobbes, Charles Darwin und Sigmund Freud
Klaudija Sabo
AUS ALT MACH NEU?–?Das Wiederaufleben nationaler Mythen in der Kunst Serbiens
Michael Walter
Zur Bildpolitik der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft
Beate Hofstadler
Das Dilemma mit den Identifizierungen: Zum Imaginären und dem Politischen
Marc Ries
Zur Faszination atopischer Bilder
David Eugster
Bilder für den Markt: Die Kampagne »Inserate erschliessen den Markt« der Schweizer Werbeindustrie um 1966
Astrid Deuber-Mankowsky
Freiheit der Rede und Politik der Bilder
Tobias Lander
Bilder lügen nicht?–?Pressebild und Kontextdetermination in Allan Kaprows Layout für Die Zeit vom 20. März 1981
Andreas Langenohl
Picturing the Post-Dialogic Constellation: Iconic Pretexts to the Swiss Referendum on ?the Construction of Minarets in 2009
Autorinnen und Autoren