Beschreibung
Die Bundesverfassung von 1999 enthält noch wenig gewürdigte Schätze wie den Art. 35 BV, der alle staatlichen Organe verpflichtet, die Grundrechte nicht nur zu achten, sondern auch zu ihrer Verwirklichung beizutragen. Das zugrundeliegende Freiheitskonzept findet sich bereits im 18. Jahrhundert, rechtsphilosophisch etwa bei Kant, praktisch in den frühen amerikanischen (1776) oder französischen (1789) Rechteerklärungen. Die Besinnung auf solche Grundpfeiler der Verfassungsentwicklung ist auch für das heutige Verständnis der Grundrechte fruchtbar. Nationalismus und Rechtspositivismus haben im 19. Jahrhundert die Freiheitsrechte auf eine Abwehrfunktion gegen den Staat reduziert. Nach den Schrecken der beiden Weltkriege ist jedoch ihre staatslegitimierende Funktion unter dem Leitsatz der Menschenwürde wieder in den Vordergrund gerückt. Nationaler und internationaler Schutz der Grundrechte stehen heute in einem Wechselspiel, das Wissenschaft und Praxis herausfordert.