Beschreibung
Das zentrale Prinzip der frühen Informationsverarbeitung mittels Lochkarten entstand aus einem Kunsthandwerk, nämlich aus der Seidenweberei. 'Die ersten Bilder, die von ihrem Bildkörper abgelöst wurden, um als Bildcode verarbeitet zu werden, waren Gewebe. Der Bildcode bestand aus einem Stapel gelochter Karten für die Verwendung im Steuerungsmechanismus eines Webstuhls und war hier noch begreifbar: das Bild, wenn es aus dem Stapel dieser Karten gewoben wurde, war ein textil-taktiles Produkt.' Im Nachzeichnen einer Historiographie der Lochkarte gelangt die Autorin an einen Quellpunkt der Digitalisierung: Im Kontext der Höfe und insbesondere des absolutistischen französischen Hofes begann die Geschichte von Automatenbau, Kybernetik und Steuerung, zu deren Hauptprotagonisten die Musterweberei zählte. Weshalb gerade diesem Handwerk diese Rolle zukam, ist bislang noch nicht zum Gegenstand systematischer Erforschung geworden. Der reich bebilderte Band zeigt sowohl die technokulturellen Kontexte wie auch die ideengeschichtlichen Bedingungen elektronischer Bilder.
Autorenportrait
Birgit Schneider studierte Kunstwissenschaft, Medientheorie und Medienkunst an der Hochschule für Gestaltung Karlsruhe, am Goldsmiths College London und an der Humboldt-Universität zu Berlin. Neben ihrer Tätigkeit als freie Grafikerin in einem Gestaltungsbüro und Projektraum (1997-2002) war sie von 2000 bis 2007 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der von Horst Bredekamp geleiteten Abteilung "Das Technische Bild" am Hermann von Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik der Humboldt-Universität zu Berlin. Ihre Dissertation schrieb sie im Fach Kulturwissenschaft bei Friedrich Kittler; sie erschien bei diaphanes unter dem Titel »Textiles Prozessieren. Eine Mediengeschichte der Lochkartenweberei« (2007). 2008 war sie mit der inhaltlichen Leitung für eine Ausstellung zum Thema »Nachhaltigkeit und Klimawandel« durch die Mediengestalterfirma art + com betraut. Im Januar 2009 begann sie als Dilthey-Stipendiatin der Thyssen-Stiftung am Institut für Kunst und Medien der Universität Potsdam ein Forschungsprojekt zum Thema »Klimabilder. Eine Typologie der Visualisierung des Klimas und seiner Wandlungen seit 1800«, das 2013 um weitere drei Jahre verlängert wurde. Im Sommersemester 2010 vertrat sie die Professur Geschichte und Theorie der Kulturtechniken an der Bauhaus-Universität Weimar. 2011 realisierte sie das wissenschaftlich-künstlerischen Projekt »Austertraum« gemeinsam mit dem Künstler Stefan Saffer im Rahmen der »Initiative für Kultur und Nachhaltigkeit ÜBER LEBENSKUNST« gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes. Im Sommersemester 2014 ist sie Visiting Fellow am Rachel Carson Center for Environment and Society in München.
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