In der Dissertation wird ein Ansatz zur finanziellen Bewertung der zustandsorientierten Instandhaltung entwickelt und am Beispiel einer Tablettenverpackungslinie im industriellen Produktionskontext angewandt. Die zustandsorientierte Instandhaltung stößt auf großes Interesse im produzierenden Gewerbe, da sie eine bedarfsgerechte Planung präventiver Instandhaltung außerhalb der Produktionszeit ermöglicht und hierdurch sowohl direkte (bspw. Materialkosten) als auch indirekte Instandhaltungskosten (bspw. Erfolgsausfälle) verringert. Um nötige Investitionen in die Realisierung und den Erhalt eines Zustandsüberwachungssystems zu rechtfertigen, ist jedoch eine Abschätzung möglicher Kostenvorteile der zustandsorientierten Instandhaltung im Vergleich zu anderen Instandhaltungsstrategien nötig. Bestehende Ansätze der Kosten-Nutzen-Analyse basieren auf einer Vielzahl von vereinfachenden Annahmen und bergen daher die Gefahr einer Kostenfehleinschätzung. Sie sind auf einzelne Anwendungsfälle beschränkt und erlauben es nicht, den vollständigen Leistungsumfang der zustandsorientierten Instandhaltung abzubilden. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es daher, einen Modellansatz zu entwickeln, mit dem die zustandsorientierte Instandhaltung noch vor Realisierung möglichst vollständig aus finanzieller Sicht bewertet werden kann. Auf Grundlage einer Forschungsrecherche werden hierzu die wesentlichen Einflussfaktoren auf die Instandhaltungskosten im sogenannten Produktions- und Instandhaltungssystem identifiziert. Ausgehend von den Rechercheergebnissen wird die Entwicklung des Bewertungsansatzes beschrieben, der unter Verwendung eines computer-ausführbaren Modells die Kosten-Nutzen-Analyse definierter Leistungsszenarien der zustandsorientierten Instandhaltung ermöglicht. Der Ansatz erlaubt es, unterschiedliche Entwicklungsstufen der Zustandsüberwachung unter Berücksichtigung wesentlicher Leistungsmerkmale zu untersuchen und bildet diese auf die Ergebnisgrößen der direkten und indirekten Instandhaltungskosten ab. Die Entwicklungsstufen der Zustandsüberwachung umfassen die Zustandsdiagnose und -prognose, die sich hinsichtlich ihres Informationsgehalts als Grundlage einer Terminplanung unterscheiden. Als Leistungsmerkmale werden neben den wesentlichen Fällen der Zustandsklassifikation (bspw. Fehlerfrühanzeichen vor Ausfall nicht erkannt) zusätzlich die Einflüsse der Genauigkeit von Zustandsinformationen sowie deren zeitliche Verfügbarkeit vor einem Ausfall berücksichtigt. Neben dem größeren Funktionsumfang im Vergleich zu existierenden Methoden, erweist sich die Fähigkeit einer detaillierten Analyse unterschiedlicher Leistungsszenarien als wesentliches Alleinstellungsmerkmal des Ansatzes. Für den Entwickler eines Zustandsüberwachungssystems ermöglicht der Ansatz auf Grund des hohen Detailgrades, Zustandsdiagnosen und -prognosen auf Basis ihrer tatsächlichen Leistungsfähigkeit zu bewerten und die für eine positive Entscheidung notwendige Leistungsfähigkeit der Zustandsüberwachung zu identifizieren. Zusätzlich können existierende Zustandsüberwachungssysteme hinsichtlich des erzielbaren Kosteneinsparpotentials überprüft und die Nutzung der Zustandsinformationen optimiert werden. Der entwickelte Bewertungsansatz wird in Form eines Simulationsmodells an einem realen Industriebeispiel angewandt. Im Vergleich zur gegenwärtig angewandten Instandhaltungsstrategie können Kosteneinsparpotentiale identifiziert werden, die in Abhängigkeit der Leistungsfähigkeit der Zustandsüberwachung dargestellt werden.