Beschreibung
Während ich Auto oder Lkw fahre, zeichne ich. Am Steuer notiere ich, ohne aufs Blatt zu schauen, was außen und innen vorbei rauscht. Meine Kommunikation mit anderen VerkehrsteilnehmerInnen, Bruchstücke der aus dem Autoradio dringenden Tagespolitik, Fetzen vorbeiziehender Landschaft, Gebäude, den sich während der Fahrt mehr und mehr überlagernden Straßenverlauf. Die Unmöglichkeit des Unterfangens, ein Register von beim Autofahren - noch mehr als sonst im Leben - reizüberfluteten und flüchtigen Momenten zu erzeugen, wie der bewusst absurde Versuch, noch dem letzten Moment Kunst zu entlocken oder abzuringen, wird auf den Blättern Form. Begegnen mir während meiner Fahrten Lkws oder Transporter mit prächtigen Schichten von Dreck und darin hineingezeichnet - oft nicht intentional - entstandene Negativzeichnungen, verfolge ich diese und fotografiere sie in wechselndem Licht und den sich ändernden Umgebungen, bis ich entweder am anderen Ende der Stadt von dem endlich parkenden Gefährt noch einige scharfe Aufnahmen machen kann oder bis das Objekt nach einer Odyssee über Land auf einer Autobahnauffahrt verschwindet. Dann versuche ich die Orientierung wiederzugewinnen und den Weg zurückzufinden. Dabei ist nicht gesagt, dass ich nicht von einem weiteren Lkw geködert werde und in einer anderen, mir unbekannten Gegend lande. Diese Verfolgungsfahrten werden auch als Diaprojektionen umgesetzt und ausgewählte Fotos auf Alu-Dibond kaschiert.
Autorenportrait
Rahel Bruns arbeitet seit 2013 an den Tourettezeichnungen. Sie studierte Jura und Islamwissenschaft in Freiburg und Freie Kunst in Braunschweig, Berlin und Mexiko Stadt. 2007 machte sie den Lkw-Führerschein. Sie lebt in Hamburg.