Beschreibung
Eine Theorie der Kleidung im Bild muss erst noch geschrieben werden. Die Leitfrage lautet: Nach welchen Regeln werden Kleidung und Kostüme als Kostümargumentation in der bildenden Kunst eingesetzt und wie ist ihr Verhältnis zur rekonstruierbaren Realität? Die Forschung hat sich bisher mit der Geschichte von Textilien und Kleidung, bisweilen auch mit ihrer Symbolgeschichte beschäftigt. Doch über die kleider- und sozialhistorische Komponente hinaus ist die kunsthistorische Relevanz der zweiten Haut des Menschen und seiner ebenso dekorativen, distinktiven wie bildhaften Verwendung von Textilien weitgehend unterbelichtet. Die Autoren dieses Bandes blicken dezidiert durch die vestimentäre Brille und bieten neue Deutungen zur bildenden Kunst vom Mittelalter bis in die Gegenwart. Auf der einen Seite steht der hohe Symbolwert der Kleidung, Individuen gesellschaftlichen Gruppen zuzuordnen bzw. von ihnen zu trennen (Bourdieu). Auf der anderen Seite jedoch sind Bilder und Skulpturen, auf denen Kleidung dargestellt ist, für die kleiderkundliche Analyse als Reflexionen - nicht Spiegelbilder - eines kleidungsbetonten Alltags zu verstehen. Deshalb ist die Kleiderordnung im Bild von schriftlichen Luxusgesetzen, Kleider- oder Polizeiordnungen zu unterscheiden. Dargestellte Kleidung beansprucht eigene Regeln für ihre Einsatzbereiche, um eine spezifische Symbolik zu entwickeln - das gilt für Vergangenheit und Gegenwart gleichermaßen.