Beschreibung
Der vorliegende, auf den Ergebnissen einer einschlägigen Konferenz basierende Band 14 der Zeitschrift "Virus" widmet sich schwerpunktmäßig dem Thema "Gesellschaft und Psychiatrie in Österreich 1945 bis ca. 1970". In insgesamt 15 Beiträgen erörtern in- und ausländische AutorInnen aus unterschiedlichen Disziplinen zentrale Aspekte dieses bislang historisch-wissenschaftlich noch wenig bearbeiteten Abschnitts der österreichischen Psychiatriegeschichte. Die vorgestellten Forschungsergebnisse zu Institutionen, ,Schulen' und Berufsvereinigungen, zu spezifischen Diskursen und Praktiken sowie zu den Berufsbiographien prominenter Akteure machen deutlich, dass das ,soziale Subfeld' Psychiatrie in der Nachkriegszeit in erheblichem Ausmaß von den ideologischen, politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen der Zwischenkriegs- sowie der NS-Zeit geprägt blieb - durch personelle und strukturelle Kontinuitäten ebenso wie durch die in jenen Jahren verursachten Zerstörungen, die als Mangel an fachlich und ethisch kompetentem Personal, an sozialen und materiellen Ressourcen noch über die hier fokussierte Periode hinaus nachwirken. Zugleich zeigt eine eingehendere Auseinandersetzung mit der Thematik aber auch die sehr bald nach Kriegsende in Gang gesetzten Bestrebungen unterschiedlicher Akteure, diesen Zuständen möglichst entgegenzuwirken. Bis zum Beginn größerer Psychiatriereformen in den 1970er Jahren war dieser Weg aber offenkundig ein steiniger.
Autorenportrait
Eberhard Gabriel ist klinischer Psychiater und war nach einer Tätigkeit in der Wiener Psychiatrischen Universitätsklinik von 1978 bis 2004 Ärztlicher Direktor des Psychiatrischen Krankenhauses in Wien, jetzt Otto Wagner-Spital. Sein besonderes psychiatriehistorisches Interesse, dem er sich vor allem seit seiner Pensionierung widmet, gilt einerseits der österreichischen, vor allem Wiener Psychiatrie um 1900 und andererseits ihren Verstrickungen in die nationalsozialistischen Verbrechen an den Kranken und dem Umgang damit nach 1945. Eberhard Gabriel war der Gründungsvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Geschichte in der Österreichischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie und von 1994 bis 1996 Präsident von deren Vorgängergesellschaft, der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie und Psychiatrie.