Beschreibung
Arthur Steiner, der mit diesem Buch eine eigene Sammlung vorlegt (zeit seines Lyrikschaffens die vierte), gewinnt der Liebesredekunst zwei eigene Sageweisen ab: er benennt Areale, in welchen das Lieben statthat bzw. Statt findet; und er probt Gesten, die zwischen Liebendem und Liebender, auch zwischen Lyriker und Leserin vermitteln.
Areale: der Garten, das Wiesland, ein Baumbestand, der Wipfel; Wohnung, Dach, Hausumschwung („das Freie“); das Café; der Hang, der Berg, ein Ort unter Mond oder Sonne.
Gesten: aufschauen, aufspringen, zurufen, entgegenkommen, ins Gras bitten, nebeneinander gehen, zur Seite liegen, Geschichten lesen, Baumfrüchte pflücken, Ohrringe kaufen, das Mass suchen, die Haut salben – und Verblüffenderes wie ‚ein Lufthaus bauen‘ oder ‚den Leib waschen‘ so, dass er an einer Schnur aufzuhängen sei, damit „die Liebe / ihn trockne“.
Dass innerhalb einer Gedichtfolge vom hier gegebenen Umfang, ja dass im Zug von rund siebzig Texten auch ‚Selbstbefragung‘ und Appelle an sich selber vorkommen, zeugt von der Breite und Tiefe der Reflexion. Zwar ist dem Genre des Liebesgedichts nicht eigentlich das Monologisieren eigen, das Grübeln, das Ausloten; aber wir haben Anlass, einzusehen, dass Liebhabers Rede ihren Ort nicht nur im Zweisamen habe, sondern eben oft im Befund, für sich bzw. allein zu sein. In tausend Fällen, scheint mir, sei das Liebesgedicht ‚Sprachwerk‘ zwischen dem Körperwerk, zwischen den zweisamen Lektionen.