Beschreibung
Demokratie auf der einen Seite, Diktatur und Terror auf der anderen - das ist das übliche Raster, durch das die Krisenherde unserer Zeit im öffentlichen Bewusstsein wahrgenommen werden. Hier das Gute, das mit schönen Dingen wie Zivilität, Toleranz, Vernunft und Wohlstand gleichgesetzt wird, dort das Böse. Die Frontstellung ist derart eindeutig, besonders bei den in jüngster Zeit sich häufenden Terroranschlägen, dass grundsätzliche Fragen wie die nach dem aktuellen Zustand des Kapitalismus, der ja auch innerhalb des demokratischen Lagers für eine gewisse Krisenstimmung sorgt, allzu leicht aus dem Blickfeld geraten. Nach Ansicht des Verfassers gibt es hier ein bedenkliches theoretisches Defizit: die Demokratie steht gemeinhin besser da, als sie es verdient, sie wird sogar, einer alten Tradition gemäß, als Heilmittel gegen die Gebrechen des Kapitalismus angesehen. Wer immer Krieg führen will in dieser Welt, hat wenig Einwände zu fürchten, wenn er dafür im Namen der Demokratie Stimmung macht.
In der vorliegenden Broschüre bietet Peter Klein in knapper Form einen Überblick über die Argumente, die für den engen Zusammenhang von Demokratie und Kapitalismus sprechen. Der Autor blickt dabei vor allem auf die Geschichte und erläutert, wie die moderne Demokratie im Gleichschritt mit dem modernen Kapitalismus entstanden ist. Die Demokratie wird vom Kapital nicht etwa verbogen oder verfälscht, sie ist vielmehr die ihm angemessene Staatsform. Damit der Kapitalismus zu einem die gesamte Gesellschaft umfassenden System werden konnte, musste er eine staatliche Ordnung entwickeln, die allen Menschen die gleiche Form der selbstverantwortlichen Rechtsperson aufprägt. Diese Form ist „die rechtliche und mentale Grundausstattung“, die es uns ermöglicht, als freie Verkäufer unserer Arbeitkraft auf dem Markt erscheinen und gleichberechtigt mit den anderen Verkäufern dieser Ware um die noch vorhandenen Arbeitsplätze konkurrieren zu können. Noch: mit der unerhört gestiegenen Produktivität des Kapitals schwindet, weltweit gesehen, die Nachfrage nach Arbeitskräften, und damit muss auch die gesellschaftliche Struktur brüchig werden, die auf den Menschen als Arbeitskraftverkäufer (respektive Geldverdiener) zugeschnitten ist. Schlechte Aussichten nicht nur für den Kapitalismus, sondern auch für die Demokratie und - nach Überzeugung des Autors - überhaupt für alle Systeme und Glaubensüberzeugungen, die das Leben der Menschen nach einem allgemeinverbindlichen Prinzip ausrichten wollen. Der demokratische Kapitalismus war in dieser Hinsicht der historische Höhepunkt. Abschied also von der Demokratie - aber keineswegs von den „Leuten“, denen mit einem Gedicht von Hans Magnus Enzensberger die Einleitung gewidmet ist.