Beschreibung
Entgegen der allgemeinen Annahme besteht das Hauptproblem bei der gerechten Verteilung von Gesundheitsleistungen nicht in einem Mangel an Geldmitteln, sondern es fehlt an Wissen - sowohl auf der Seite der Ärzte als auch der Patienten! Die Autoren zeigen auf, dass viele Ärzte und die meisten Patienten die verfügbaren Informationen zur Diagnostik und Therapie von Krankheiten nicht verstehen. Besonders in dem zentralen Thema der Risiko-Nutzen-Relationen von medizinischen Untersuchungen oder Behandlungen sind viele Ärzte wahre Risiko-Analphabeten. Dieses fehlende Verständnis ist besonders fatal, da das Marketing für Untersuchungs- und Behandlungsverfahren genau diesen Umstand ausnutzt und sich häufig auf irreführende Statistiken stützt. Das hat zur Folge, dass beispielsweise Millionen damit verschwendet werden, dass an Frauen, denen die Zervix entfernt wurde, weiterhin Pap-Abstriche zur Krebsfrüherkennung durchgeführt werden. Und die Strahlenbelastung durch die übermäßige - und oft unnötige - Nutzung von CTs führt jedes Jahr zu Zehntausenden neuen Krebserkrankungen. Die Autoren dieses Werkes beleuchten auch die Ursachen dieser Entwicklungen: Zum einen werden die Schwerpunkte in der medizinischen Forschung - häufig mit profitorientiertem Blick auf sogenannte Blockbuster-Medikamente - von der Industrie selbst gesetzt, während die Ausbildung der Ärzte oft nicht ausreicht, wissenschaftliche Ergebnisse einzuordnen. Hinzu kommen Interessenskonflikte, die zu irreführender Berichterstattung in medizinischen Zeitschriften, in Patientenbroschüren und den Medien führen. Und schließlich fühlen sich viele Ärzte aus Angst vor dem Patienten als möglichem Kläger zu defensiver Medizin genötigt und führen unnötige MRTs oder CTs durch oder verschreiben Medikamente, die dem Patienten am Ende mehr schaden als nutzen. Doch es geht den Autoren nicht darum, einzelne Industriezweige, Politiker oder Ärzte an den Pranger zu stellen. Stattdessen analysieren sie ein System, das nicht immer das bestmögliche Ergebnis für den Patienten zum Ziel hat - und zeigen konkrete Verbesserungsmöglichkeiten auf: Wie kann Forschungsfinanzierung transparent und patientenorientiert gestaltet werden? Welchen Richtlinien können Journalisten folgen, wenn sie über Gesundheitsthemen berichten? Wie kann die medizinische Ausbildung verbessert werden? Antworten auf diese Fragen weisen den Weg zu einem aufgeklärteren Gesundheitssystem, in dem Ärzte und Patienten aus Forschungsergebnissen die richtigen Schlüsse ziehen können und mit informierten Entscheidungen eine bessere medizinische Versorgung möglich machen.
Autorenportrait
Mit Beiträgen von: G. Antes, H. Bastian, J. Bousquet, B. Bower, H. Brighton, H. Buchan, A. Coulter, D.A. Davis, M. Diefenbach, N. Donner-Banzhoff, G. Elwyn, M.A. Feufel, W. Gaissmaier, D. Ghersi, G. Gigerenzer, B. Goldacre, J.A. Muir Gray, M. Härter, R. Hertwig, G. Jonitz, D. Klemperer, K. Kolpatzik, J. Kreis, F. Légaré, W.-D. Ludwig, M. Mäkelä, T. Miron-Shatz, I. Mühlhauser, A.G. Mulley Jr., D.E. Nelson, N. Schmacke, G. Schott, J. Schulkin, H. Schünemann, L.M. Schwartz, D. Simon, R.S.W. Smith, D. Spiegelhalter, J. Steurer, O. Wegwarth, J.E. Wennberg, C. Wild, S. Woloshin, H. Wormer
Inhalt
Ist der Patient das Problem?
- Aufbruch in das Jahrhundert des Patienten
- Wenn falsch informierte Patienten versuchen, fundierte Entscheidungen zu treffen
- Reduktion ungerechtfertigter Variation in der klinischen Praxis. Möchten Patienten an der Entscheidungsfindung teilnehmen und wie kann dies erfasst werden?
Mangelnde Gesundheitskompetenz: Ursachen in der Forschung
- Wer finanziert was in der Gesundheitsforschung
- Wie soll über medizinische Forschung berichtet werden?
- Medizinische Fachzeitschriften können objektiver sein
- Wie verbessern wir die Gesundheitsversorgung: durch bessere Systeme, bessere Patienten oder beides?
Mangelnde Gesundheitskompetenz: Wie die Öffentlichkeit informiert wird
- Mangelnde Statistikkompetenz bei Ärzten
- Mangelnde Statistikkompetenz bei Journalisten
- Wie kann man den Gesundheitsjournalismus verbessern?
- Was behindert gute Gesundheitsinformationen?
Gesundheitswesen 2020
- Bessere Evidenz und bessere Vermittlung
- Die Drug Facts Box:So werden informierte Entscheidungen zu verschreibungspflichtigen Medikamenten möglich
- Die Medizinische Ausbildung neu gestalten
- Die Kluft zwischen Evidenz und Praxis: Ausmaß, Ursachen und Lösungen
- Die Zukunft der Diagnostik: Von Optimierung zu "Satisficing"
- „Direct-to-consumer“-Werbung Verbraucherdirektwerbung: Status Quo und Vorschläge zur Verbesserung des Transfers unabhängiger Arzneimittelinformationen
- Wie werden Fachkräfte und Patienten im Gesundheitswesen des Jahres 2020 zusammenarbeiten?