Beschreibung
Am 18. Juni 2017 verstarb der Journalist, Buchautor und Lyriker Pavel Kohn. Kohn ist 1929 in Prag geboren. Mit zwölf Jahren wird er als Jude vom Schulunterricht ausgeschlossen, als Dreizehnjähriger kommt er mit seiner Familie ins KZ Theresienstadt; er überlebt die Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau, Blechhammer, Groß-Rosen und Buchenwald. Nach der Befreiung 1945 leben von seiner ganzen Familie nur noch eine Cousine und er. In einer Einrichtung des Humanisten Premysl Pitter, der sich verwaister Kinder aus den Konzentrationslagern annimmt, wird der schwerkranke Jugendliche gesundgepflegt. Bereits 1942 in Theresienstadt hat Kohn erste lyrische Versuche gemacht, in den Jahren 1945 bis 1949 schreibt er nun eine beträchtliche Anzahl von Gedichten nieder. An eine Veröffentlichung ist zu jener Zeit nicht zu denken. 63 Jahre später - Kohn hat ein erfülltes Leben als Autor und Journalist hinter sich - greift er die alten Manuskripte wieder auf. Der Gedichtband "Kolikrát presel mrak", der 2012 in Prag erscheint, bleibt Kohns letzte Publikation. Sie dokumentiert das frühe Werk eines unter widrigsten Umständen gereiften jungen Mannes. Sprachlich eigenständig, ungebärdig, rau setzt diese Lyrik sich über die Gepflogen- und Verlogenheiten "gefälliger Dichtkunst" hinweg, setzt gebrochene, oft paradoxe Sprachbilder ein, setzt den Leser einer Welt voll verwirrender, bedrohlicher Assoziationen aus. Dieser beklemmenden Welt zum Trotz aber bleibt hinter aller Düsternis Kohns entschiedener Lebenswille spürbar. Pavel Kohns Witwe, die Künstlerin Rut Kohn, legt mit "Wie oft ist die dunkle Wolke über uns hinweggezogen" die deutsche Übersetzung von "Kolikrát presel mrak" vor. Zusammen mit Jan Picman, ihrer Tochter Rachel und Georg Thuringer ist Rut Kohn, die natürlich auch die Illustrationen beigesteuert hat, eine Übertragung gelungen, die sowohl den Duktus als auch die Bilder des Originals weitestgehend bewahrt.
Autorenportrait
Pavel Kohn wurde am 14. Oktober 1929 in Prag geboren. Während des Nazi-Regimes wird seine jüdische Familie nach Theresienstadt deportiert, später nach Auschwitz-Birkenau und Blechhammer. Vater, Mutter und Bruder sterben in den KZs. Pavel Kohn überlebt den Todesmarsch nach Groß-Rosen, von dort wird er nach Buchenwald gebracht. Nach der Befreiung im April 1945 kehrt er nach Prag zurück und wird in einer Einrichtung des tschechischen Humanisten Premysl Pitter aufgenommen, der sich der verwaisten Kinder aus den Konzentrationslagern annimmt. Auf Schloß Stirín wird Kohn gesundgepflegt. 1949 macht Pavel Kohn das Abitur und studiert anschließend Theaterwissenschaft. Er arbeitet als Dramaturg an einem Theater, gleichzeitig entstehen erste literarische Werke. Die kommunistische Regierung sorgt für eine erneute Zäsur: 1958 wird Pavel Kohn aus politischen Gründen entlassen und er erhält Berufsverbot. Im August 1967 flieht er mit seiner zweiten Frau Rut und den zwei Kindern in die BRD. Von 1968 bis1990 ist Pavel Kohn Redakteur der tschechoslowakischen Abteilung des Radio Freies Europa (RFE) in München. Neben seiner journalistischen Arbeit schreibt Kohn zahlreiche Bücher in tschechischer und deutscher Sprache.