Beschreibung
Die an diesem Band beteiligten Autoren betrachten die Motive, Denkfiguren und Ansätze des klassischen Pragmatismus in einer neuen Perspektive - im Hinblick auf eine umfassende Pragmatik jenseits handlungstheoretischer Modellierungen. Von klassischen Positionen des Pragmatismus ausgehend, suchen sie nach Wegen, das Feld des Praktischen unter Vermeidung subjekt- und handlungstheoretischer Vokabulare zu beschreiben. Praxis erscheint dann nicht länger als abhängig von und bedingt durch die mental verankerten Intentionen eines Subjekts. Ein so detranszendentalisiertes Modell von Praxis bringt diese in die Nähe von Begriffen wie Wirksamkeit, Prozess, Dispositiv und Ereignis. Die Frage nach der Freiheit verschiebt sich in dieser Perspektive zur Frage nach Kontingenz, Diskontinuität und Neuheit; Subjekte sind dann dem Strom des Bewusstseins, der Kette der Zeichen und der Abfolge von Ereignissen nicht in einem transzendentalen Sinne vorgeordnet, sondern jeweils in sie eingeschrieben. Was für das Handeln allgemein vermutet werden kann, wird auch für das Zeichenhandeln (ausgehend von der Peirceschen Semiotik), das Wissenschaftshandeln (ausgehend von Peirce Wissenschaftstheorie), das politische Handeln (ausgehend von Deweys Demokratietheorie), das künstlerische Handeln (ausgehend von Deweys Ästhetik) sowie für Bewusstseinsakte (ausgehend von James Psychologie) zur Diskussion gestellt
Autorenportrait
Andreas Hetzel war wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Philosophie der TU Darmstadt sowie Lehrbeauftragter für Philosophie an der Universität Innsbruck. Zur Zeit ist er Professor am Institut für Philosophie der Universität Hildesheim. Forschungs- und Veröffentlichungsschwerpunkte: Sprachphilosophie, antike Rhetorik, Politische Philosophie, Kultur- und Sozialphilosophie. Habilitationsprojekt zum Sprachdenken der antiken Rhetorik. Publikationen u.a.: Zwischen Poiesis und Praxis. Elemente einer kritischen Theorie der Kultur (2001); Die Gesellschaft im 21. Jahrhundert. 13. Darmstädter Gespräch (hg. mit Gerhard Gamm und Markus Lilienthal), (2004); Die Rückkehr des Politischen. Demokratietheorien der Gegenwart (hg. mit Oliver Flügel und Reinhard Heil), (2004). Jens Kertscher, Studium der Philosophie und Romanistik in Köln, Florenz, Tübingen und Heidelberg, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Philosophie der TU Darmstadt. Forschungsgebiete: Sprachphilosophie, Pragmatismus, Hermeneutik. Dazu Aufsätze und Rezensionen. Publikationen u.a.: Wittgenstein und die Metapher (als Mitherausgeber 2004), Hermeneutik und die Grenzen der Sprache (als Mitherausgeber 2008). Marc Rölli, war ab 2002 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Philosophie der TU Darmstadt. Seit 2015 Professor für Philosophie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Forschungsschwerpunkte: Geschichte der philosophischen Anthropologie, französische Philosophie des 20. Jahrhunderts, Wissenschaftstheorie und -geschichte der Biologie und Eugenik, Phänomenologie, Machttheorie, philosophische Ästhetik. Buchveröffentlichungen: Gilles Deleuze. Philosophie des transzendentalen Empirismus (2003), Ereignis auf Französisch. Von Bergson bis Deleuze (Hg.) (2004), Heinrich Heine und die Philosophie (Hg.) (2007), Ambivalenzen des Todes, (Hg.) (2007).
Inhalt
Vorwort der Herausgeber
I. ZUR AKTUALITÄT DES PRAGMATISMUS
Andreas Hetzel
Zum Vorrang der Praxis. Berührungspunkte zwischen Pragmatismus und kritischer Theorie
Jens Kertscher
Der Neopragmatismus als Erbe des klassischen Pragmatismus?
Marc Rölli
Pragmatismus in Frankreich. Zur Aktualität einer anderen Rezeptionslinie
II. IST DER PRAGMATISMUS EIN SZIENTISMUS?
Michael Hampe
Szientistische und naturalistische Tendenzen im Pragmatismus
Tilman Borsche
Philosophie der Zukunft? Über antiszientifische Möglichkeiten des Pragmatismus
III. DIE ANTIFUNDAMENTALISTISCHE AUSRICHTUNG
DES KLASSISCHEN PRAGMATISMUS
Antje Gimmler
Nicht-epistemologische Erfahrung, Artefakte und Praktiken.
Vorüberlegungen zu einer pragmatischen Sozialtheorie
Heidi Salaverría
Zweifeln und Sinnen. Handlungsspielräume von Peirce bis Rorty
David Lapoujade
William James – Von der Psychologie zum radikalen Empirismus
IV. DER PRAGMATISMUS ALS PHILOSOPHIE DER ZUKUNFT
Ludwig Nagl
Pragmatistische Handlungshorizonte. Erwägungen zur Tiefenstruktur des Zukunftsbegriffs bei Rorty, James, Peirce und Royce
Alfred Nordmann
Die Hypothese der Wirklichkeit und die Wirklichkeit der Hypothesen
Hartwig Frank
Semiotischer Pragmatismus. Peirce und Nietzsche
Helge Schalk
Philosophie der Medien. Zur Medialität des Zeichens bei Charles S. Peirce
V. PERSPEKTIVEN UND ANSCHLÜSSE
Friedrich Balke
Was ist ein Ding? Zum Pragmatismus der neueren Wissenschaftsforschung
Dirk Jörke
John Deweys Kritik der deliberativen Demokratietheorie
Rainer Winter
'Populärkultur Leben'. Erfahrung, Macht und Alltagspraxis in den Cultural Studies