Beschreibung
Carl Gustav Carus (1789-1869) gilt als wichtiger Repräsentant bildungsbürgerlicher Lebensentwürfe im 19. Jahrhundert. Die vorliegende sozial- und wissengeschichtlich perspektivierte Fallstudie beschreibt die Wechselwirkung von Mentalität und sozialer Lebenswelt in Werk und Lebenspraxis Carus' - bei dem sich diese Werte und Überzeugungen im Konzept vom >Lebenskunstwerk< widerspiegeln - in der Konstruktion eines ganzheitlich angelegten Lebensentwurfes, geleitet durch die >Bildung der Persönlichkeit<. Zudem wird nach den Kosten dieses Lebensentwurfes gefragt, die sich in den komplementären Konstruktionen von Identität und Alterität abbilden und den Versuch kennzeichnen, die in ihrer Komplexität opak werdende, sich modernisierende Gesellschaft sinnhaft zu strukturieren. Deutlich wird das in Carus' geschlechteranthropologischen Positionen sowie seiner von der Forschung bislang wenig beachteten Rassentheorie. Die Fallstudie einer bildungsbürgerlichen Biographie liefert einen Beitrag zum Verständnis des Bildungsbürgertums im 19. Jahrhundert, der sich über die strukturell argumentierende Sozialgeschichte hinausbewegt. Denn erst aus der Fülle von Einzelfällen konkretisieren sich die strukturgeschichtlichen Rahmendaten, wenn Bürgerlichkeit als Muster von Individualität wahrgenommen wird.