Beschreibung
Das Internet ist die süßeste Erfindung der Welt. Obwohl es, wie Osama bin-Laden und der Vietnam-Film, vom amerikanischen Militär erschaffen wurde, gibt es momentan nichts, was Putzigeres hervorbringt. Wer hätte etwa gedacht, dass nach einem Jahrtausend voller Weltkriege, Gegenpäpste und Kneipenschlägereien eine knappe Milliarde Menschen ein Poesiealbum hat? Was haben wir früher davon geträumt, dass uns Franziska mit dem Lippenstift fragt, ob wir uns in ihres eintragen möchten, damals, während des Kalten Krieges, in der sechsten Klasse. Mit Facebook ist das alles Wirklichkeit geworden: Wir können Franzi nun jederzeit von jedem Ort der Welt was reinschreiben: "You are so nice, you are so sweet, auf deutsch gesagt, ICH HAB DICH LIEB!" - auch wenn sie inzwischen drei Kinder aus vier Ehen hat. Wir können bei arabischen Revolutionen mitmachen; wir können gar mit Angela Merkel befreundet sein. Es bleibt allein die Frage: Warum sollten wir? Das Leben ist anstrengend genug, ohne dass man an 250 Freunde daddelt, wo man grade einen Java Chip Chocolate Cream Frappuccino bestellt hat. Angela Merkel kommt sowieso nie mit auf ein Besäufnis, die Araber hätten auch ohne Netzwerk Aufstand gemacht, und es gibt sehr gute Gründe, warum man mit den allermeisten Klassenkameradinnen seit Abi '91 keinen Kontakt mehr hat. Dennoch postet, twittert, skypet und simst sich sogar die Politik um den Verstand. Auch wenn da nicht mehr viel kaputt zu machen ist, wir müssen es trotzdem ausbaden. Denn bevor ein Parlamentarier gar nichts los lässt, nimmt er lieber Stellung - zu einer Stellungnahme, die Position bezieht zu einem Statement, das auf ein Dementi reagiert, mit dem endgültig geklärt sein sollte, dass niemand irgendetwas diesbezügliches gesagt hat. Und abends müffelt der Politpups dann aus allen Kanälen. Mathias Tretter hat den Kanal endgültig voll. Zusammen mit zwei Freunden hat er ein "asoziales Netzwerk" gegründet, das dem digitalen Wahnsinn 10.000 Liter Freibier entgegensetzen will. Das System kann nur mit den eigenen Mitteln geschlagen werden: Revolution in Deutschland? Das muss eine Facebook-Party sein! Und wenn die durch ist, wird der Stecker gezogen: Damit Menschen endlich wieder rocken statt zu bloggen, litern statt zu twittern, und f.en statt zu klicken!!!
Autorenportrait
1972 in Würzburg geboren, seit 2007 wohnhaft in Leipzig. 1993 bis 2004 Studium der Anglistik und Germanistik in Würzburg, Edinburgh und Heidelberg. Ab 1992 erste Texte, die 2003 bei der Comedy Lounge im Würzburger Theater Chambinzky Premiere und - bis dahin einmalig! - am gleichen Abend auch Derniere feiern. Daneben Veranstalter und Moderator einer Art geistiger Kaffeefahrt, die später unter dem Anglizismus poetry slam selbst im bürgerlichen Feuilleton reüssieren sollte. Neben der künstlerischen Tätigkeit allerdings immer wieder auch Abstürze in die gesellschaftliche Respektabilität: Sprachlehrer an einer Dolmetscher-Schule, außerplanmäßiger Abschluss des Studiums mit einem Magister Artium, bezahlte Literaturkritiken für die SonntagsZeitung Zürich. 2004 endgültiges Scheitern der sozialen Integration: Vollzeit-Kabarettist; mittlerweile sogar Vollzeit-Ostdeutscher. Und seit 2008 auch noch Mitherausgeber des Kulturportals www.titel-magazin.de. Programme 2003 stellt Mathias Tretter sein Debütprogramm "Die Brille zur Macht" vor. Als Lorenz Lauer, M.A. (!), der wegen seiner - nicht zuletzt von antiautoritärer Erziehung ausgelösten - Renitenz gegen die Massenkultur, und konkret wegen eines Sprengstoffanschlags auf den Wohnwagen von André Rieu seinen Dienst als Gefängnisbibliothekar versieht, tobt er sich an allem aus, was Politik und verwandte Themen so hergeben. Das Ensembleprogramm "Mach 3!" entsteht 2004. Zusammen mit den Kollegen Claus von Wagner und Philipp Weber bilden die drei Kabarettisten das "Erste Deutsche Zwangsensemble". Tretter: "Als ob Goethe mit Eckermann und Riemer eine Boygroup gebildet hätte. Aber Claus von Wagner behandelt uns wie Gleichgestellte." 2006 2008: "Deutschland. Ein Gummibärchen." Das zweite Soloprogramm. Nur am Rande eine Hommage an Heinrich Heine, vielmehr eine präzise Analyse der politischen Absurditäten. Von Journalisten vielfach als Verbeugung vor Söhnke Wortmanns Fußballfilm missdeutet. Parallel zum Soloprogramm blickt Mathias Tretter (2004 - 2007) mit seinen aktuellen politischen Monatsrückblicken "Nachgetrettert!" böse-besinnlich feixend zurück auf jeweils vier Wochen Elend und Schwachsinn des alltäglichen Seins in diesem unserem Lande. Ein neues Soloprogramm "Staatfeind Nr. 11" feiert im Oktober 2008 im Bockshorn Theater in Würzburg Premiere. Kabarett ist die Kunst der Stunde. Ein Keller, eine Bühne, ein Mann, der nicht singt - was wäre besser geeignet, dem globalen Wahnsinn Einhalt zu gebieten? 9. November 2009. 20 Jahre Mauerfall. Aber auch ein Anlass zum Feiern: Im Mainzer Unterhaus hat "Die letzte Tour" Premiere, der zweite Schlag des Ersten Deutschen Zwangsensembles. Die Ansprüche von Tretter & Kollegen wurden noch einmal herunter geschraubt: "Wir wollen nicht ins Fernsehen, wir wollen in die Schulbücher." Preise 2010 Deutscher Kleinkunstpreis (mit dem EDZ) 2009 Förderpreis des Deutschen Kabarettpreises 2008 Lachmesse-Preis Leipziger Löwenzahn (mit dem EDZ) 2008 Bayerischer Kabarettpreis (Sparte Senkrechtstarter) 2007 Salzburger Stier (mit dem EDZ) 2006 Mindener Stichling 2006 (mit dem EDZ) 2006 JuryPreis des Berliner KabarettTheaters "Die Wühlmäuse" beim "Großes Kleinkunstfestival" 2005 Passauer Scharfrichterbeil (2. Platz) 2005 Stuttgarter Besen in Silber 2004 Thurn & Taxis Kabarettpreis 2004 Rottweiler Kabarettpreis 2003 Münchner Kabarett-Kaktus 2003 Schweiger Kleinkunstpreis