Beschreibung
Wie kaum eine andere Quelle dokumentieren die Kabinettsprotokolle die vorparlamen¬tarische Aufbauphase des Bundeslandes Hessen. Nach der Neugründung des Landes am 19. September 1945 ernannte die amerikanische Besatzungsmacht die erste hessische Landes-regierung unter Ministerpräsident Karl Geiler. Politiker aus Arbeiter- wie aus bürgerlichen Parteien wurden in das Kabinett berufen, darunter der spätere langjährige Ministerpräsident Georg August Zinn, SPD, und der CDU-Landesvorsitzende Werner Hilpert. Aufgabe der Regie-rung war es, eine funktionstüchtige Verwaltung aufzubauen, ein rechtsstaatliches System zu verankern und erste Schritte zu einer demokratischen Landesverfassung vorzubereiten. Hierzu erhielt der Ministerpräsident – vorbehaltlich der übergeordneten Befugnisse der Be-satzungsmächte – die erforderliche exekutive Gewalt sowie ausdrücklich auch das Recht, Gesetze zu erlassen.
Im Rahmen des politi¬schen Tagesgeschäfts hatte sich das Kabinett mit den brennenden Fra-gen der unmittel¬baren Nachkriegszeit zu befassen: Ernährung, Wohnraumversorgung und Unterbrin¬gung der nach Hessen strömenden Vertriebenen. Aber es nahm sich auch die Zeit, wichtige Grundsatzfragen wie die Bodenreform, die Währungsreform und die Entnazi-fizierung eingehend zu beraten. Das Kabinett Geiler amtierte bis Anfang Januar 1947, als der vom ersten Hessischen Landtag gewählte Christian Stock die Regierungsge¬schäfte überneh-men konnte.
Es ist ein glücklicher Umstand, dass die ersten 32 Protokolle bis zum April 1946 als aus-führliche stenographische Wortprotokolle geführt wurden, was ihnen einen besonders au-thentischen Charakter verleiht; die späteren sind Ergebnisprotokolle. Sie werden in der vor-liegenden Dokumentation durch ausführliche Anmerkungen kommentiert, die wertvolle Hin-weise zur Zeitge¬schichte geben und darüber hinaus den Zugang zu den ergänzenden schriftlichen Quel¬len im Hessischen Hauptstaatsarchiv eröffnen. Die wissenschaftliche Einlei-tung schil¬dert die Bildung des Kabinetts und dessen Arbeit, seine Zusammenarbeit mit der ameri¬kanischen Landesmilitärregierung sowie mit den politischen Parteien und den vorpar-lamentarischen Gremien. Ein Personenregister sowie ein Sachregister zu den Tagesord-nungspunkten erschließen den Band.
Die im Hessischen Hauptstaatsarchiv erarbeitete Edition wendet sich nicht nur an ein wis-senschaftliches Fachpublikum, sondern eignet sich als anschauliche Quelle zur hes¬sischen Nachkriegsgeschichte auch als Lese- und Arbeitsbuch für den Unterricht an Schulen und Universitäten.