Beschreibung
Die Lust zu malen ruht in jedem Menschen. Die tradi-tionelle Erziehung, vor allem in der Schule, versucht, dieses natürliche Bedürfnis zur Kunst hinzuleiten. Wird dies jedoch vermieden, so kann sich daraus eine vollkommen andere Äußerung entwickeln: Arno Stern spricht von der Spur. Anders als ein Kunstwerk ist die Spur für keinen Empfänger bestimmt. Kann sich die Spur von äußeren Faktoren unbeeinflusst entfalten, wird sich der Mensch des vollen Potenzials seiner Fähigkeiten und seiner Unabhängigkeit vom Urteil anderer bewusst. Die farbige Spur auf dem Blatt ist bisher fast immer als Kunst betrachtet und gefördert worden. Praktisch nirgends konnte in der Spur Unsagbares formuliert werden, das für keinen Fremden bestimmt ist. Erst seit es den Malort gibt, mit dem Arno Stern die Voraussetzungen geschaffen hat, die eine derartige Äußerung ermöglichen, konnte sich jene unerprobte Fähigkeit entwickeln, aus der die 'Formulation' entsteht. Arno Stern sieht sich als Dienenden im Malspiel, der weder die Malenden belehrt, noch ihre Bilder interpretiert. Sein Forschungsbereich, die Ausdruckssemiologie, ergründet Eigenart, Bestandteile und Abläufe der Formulation. Während seiner zahlreichen Aufenthalte bei Urwald- und Wüstenbewohnern (unter anderem in Peru, Afghanistan, Mexiko, Guatemala, Äthiopien, Nigeria und Neuguinea) konnte Arno Stern seine Erkenntnisse aus der täglichen Praxis des Malorts vertiefen und zu einem Universalgefüge erweitern. Das Buch sei allen ans Herz gelegt, die dem zeichnenden Kind begegnen - Eltern, Erziehern, Pädagogen - oder die dem erwachsenen Menschen zum Wiederfinden seiner spielerischen Mal-Lust verhelfen wollen.
Autorenportrait
Als Arno Stern 1946 als damals 22-Jähriger die Betreuung von Kriegswaisen in einem Pariser Kinderheim übernahm, ahnte er nicht, dass damit eine außergewöhnliche Karriere beginnen sollte. Ohne Vorstellung von seiner Aufgabe ließ er die Kinder malen. Bereits die ersten Erfahrungen machten ihm die Wichtigkeit dieses Spiels bewusst - und auch, dass es dafür geeigneter Bedingungen bedarf. So erfand er eine besondere Einrichtung, den Palettentisch und die schützenden Wände: Der Malort war geboren, ein Raum mit einer unvergleichlichen Stimmung, der bis heute Kinder wie Erwachsene zum Malspiel anregt und sie ihrer Spontaneität begegnen lässt.