Beschreibung
Der Siegermacher - Inhalt -
Mercedes Undercover Agentin des englischen Nachrichtendienstes MI6 erhält einen Spezialauftrag, während ihr Partner Richard im getarnten Büro auf Mallorca sich langweilt und die Katze füttert.
Als am 29. Januar nahe der Stadt Rheinsberg bei Berlin der Leichnam einer blonden Frau aus einem Unfallwagen geborgen wird, findet der Rettungsdienst den britischen Diplomatenpass der Frau. 'Mercedes de Cárdenas, geboren am 29. 01. 1964' lesen die Beamten und benachrichtigen die Britische Botschaft.
Während die Botschaft nicht reagiert, findet der Beerdigungsunternehmer den Vater der Toten. Der alte Herr reist von Madrid an und identifiziert die Tote als seine Tochter. Als der geschockte Vater empört das Verbindungsbüro des MI6 anruft, reagiert man dort nicht nur ausgesprochen kühl, sondern man leugnet jede Beziehung zu dieser Frau.
'Wer sich mit einem Geheimdienst einlässt, ist verraten und verkauft', resigniert der ermittelnde Kriminalkommissar, ohne zu ahnen, dass dies der Anfang einer tragischen Odyssee ist.
Agentenkollege Richard macht unterdessen die Bekanntschaft mit spanischen Kriminellen aus dem Rotlichtmilieu, die damit prahlen, seine Partnerin liquidiert zu haben und er möchte 'in der Sache mit den Radfahrern' nicht weiter ermitteln. Doch Richard weiß nichts von 'Radfahrern', noch glaubt er, dass Mercedes in dieser Richtung ermittelt hatte. Sein Dienstherr gibt keine Auskunft, ignoriert die Fakten und gibt seinem verbliebenen Agenten ungerührt den Auftrag, sich um einen italienischen Generalmajor zu kümmern.
Der Agent verweigert diesen Befehl wohl nicht, aber der Tod seiner langjährigen Partnerin lässt ihm verständlicherweise keine Ruhe. Bald schon stellt der Agent fest, dass seine Mercedes vor ihrem Tod ebenfalls in Italien war und dass der offizielle Auftrag mit der moralischen Pflicht, das vermeintliche Verbrechen aufzuklären, irgendwie zusammenhängt.
Über die Schulter des Agenten erfahren die Leser viel und ausgesprochen sachkundig vom perfiden Spiel der Geheimdienste 'Spion gegen Spion'. Richard stößt bei seinen Ermittlungen auf eine alte Seilschaft des ehemaligen DDR-Nachrichtendienstes (STASI), lernt die teilweise mafiosen Strukturen des Profiradsports kennen, die am Schluss den gesamten Fall dominieren.
'Sport ist Mord', meint auch der Engländer Richard und wird bei seiner informellen Ermittlungsarbeit immer wieder bestätigt.
Der Autor Heinrich Eichenberger, der die Grundlage für diesen spannenden Agentenroman von einem ehemaligen Mitarbeiter des aufgelösten DDR-Geheimdienstes geliefert bekam, deckt die eigentlichen Skandale um den Profiradsport nicht völlig auf. Eichenberger: 'Jeder Laie kann meinen Roman lesen und die Dopingskandale im Profisportbereich der Vergangenheit und der Zukunft entsprechend meiner Berichte analysieren. Dabei wird vieles durch die heutige Presseberichterstattung bestätigt. Wer dann immer noch der Ansicht ist, dass das nicht organisiert ist, sondern so etwas wie ein moralisches Versagen des jeweiligen Sportlers, der kann auch an den Weihnachtsmann glauben.'
Warum der Autor seine Unterlagen nicht an ein Nachrichtenmagazin für teures Geld verkaufte, sondern sie in einen Agentenroman verpackte, beantwortet der promovierte Ökonom und ehemalige Geheimdienstmitarbeiter so: 'Alle Personen, die in dieser Geschichte vorkommen, gibt es tatsächlich. Aber es sind aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes und vielerlei Rücksicht-nahmen Personen, Institutionen, Orte und bestimmte Zusammenhänge so verändert worden, dass eine Ähnlichkeit mit den tatsächlichen Akteuren rein zufällig wäre. Alles andere wäre gefährlich.'
Und wie im tatsächlichen Leben hat man als Leser den Verdacht, dass man die Kleinen hängt, während die anderen weiter machen: Gestern, heute und in aller Zukunft.
Rezension
Jeder sportliche Grossanlass, von der Olympiade bis zur Tour de France, bringt das lästige Thema des Doping immer wieder in die Medien. Sportbegeisterte und Sportverdrossene reagieren gleichermassen immer mehr abgestumpft auf die mit Sicherheit immer wiederkehrenden und nie abbrechenden Fälle von mutmasslichem und bewiesenem unfairem Wettbewerb und sportlichem Missbrauch. Heinrich Eichenberger schreibt Agentenromane und nicht einfach Krimis. Das ist ein feiner, aber bedeutsamer Unterschied, wenn es diesmal darum geht, die schmutzigen Machenschaften und Hintergründe des sportlichen Wettkampfes auszuleuchten und die brutale Kommerzialisierung vermeintlicher körperlicher Höchstleistungen aufzuzeigen. Die Protagonisten, welche diese Aufgabe angehen, bzw. ursprünglich nicht ganz freiwillig in diese Angelegenheit hineinschlittern, sind Richard Henry Harriott und seine vertraute Partnerin Mercedes de Cárdenas von Palma Management, eines auf Mallorca domizilierten privaten Nachrichtenunternehmens für Geschäftsleute sowie deren Auftraggeber, nur bekannt als Sir Alec, eines auch im Ruhestand aktiv gebliebenen britischen Nachrichtendienstchefs. Wer mit den bisher erschienen fünf Werken des Autors vertraut ist, kennt die genannten Personen bereits ziemlich gut.Autor Eichenberger ist aber immer wieder für eine Überraschung gut. Gleich zu Beginn des neuesten Romans erleidet Senora de Cárdenas, vor allem zur Irritation jener Leser, die in früheren Werken Eichenbergers mit ihr Bekanntschaft geschlossen haben, einen tödlichen Autounfall in einer abgelegenen Gegend in einem der neuen deutschen Bundesländer. Das darf doch nicht sein, das würde ja auf ein Ende der Serie der Fälle von Sir Alec deuten. Obwohl gewisse Zweifel an ihrem Tod auftauchen, bestätigt ein DNA-Test im Verlauf des Buches das Unfassbare. Damit ist im Siegermacher das erste Spannungsfeld geschaffen, in dem Richard alle Anstrengungen auf die Umstände und Aufklärung dieses Todesfalles konzentriert. In einem scheinbar unabhängigen Spannungsfeld wird Richard auf einen italienischen NATO-General und dessen zweifelhafte Finanztransaktionen, die über ein Zürcher Anwaltsbüro laufen, angesetzt. Der Hauptteil des Romans besteht nun darin, dass diese beiden Spannungsfelder sich langsam auf einander zu bewegen und sich immer mehr überlappen und dadurch ein neues Spannungsfeld generieren. In diesem spielt der Profiradsportler Massimo, Sohn des erwähnten NATO-Generals, sowie dessen Stiefmutter eine zentrale Rolle.Was sich zwischen dem Vater als finanzierendem Betreuer und dem Sohn als Exponenten auf dem Rennrad abspielt, wird an anderer Stelle im Roman zwischen dem aus der ehemaligen DDR stammenden Brüderpaar Beier aufgezeigt. Sportliche Höchstleistungen des schwitzenden Pedalentreters auf dem heissen Asphalt sind nur nebensächlich und im voraus arrangiert. Diese Akteure sind bestenfalls Submarionetten, die an den Fäden fragwürdiger Sportärzte hängen, die ihrerseits wiederum von skrupellosen, ausschliesslich an finanziellem Gewinn interessierten Kriminellen, eben den Siegermachern, gezogen werden. Ein temporärer 2. Platz Massimos in einem Rennen in Südafrika ändert nichts an dieser Situation. Vielmehr scheint hier auf besonders makabere Art zu gelten: „Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen“. Er wird sogar genötigt zu gehen, wenn er sich der unvorteilhaften Vertragsbedingungen mit der Werbebranche, die der Siegermacher ihm diktiert hat, bewusst wird und dagegen aufzubegehren versucht. Wer zu solchen Erkenntnissen vorstösst, wird nicht mit Samthandschuhen angefasst. Dafür sorgen ehemalige Stasi-Schergen. Richard hat bei seinen Ermittlungen eine Kostprobe davon abbekommen. Es gehört zu den Stärken von Eichenbergers Agentenroman, dass der Bösewicht des Siegermachers im vorliegenden Roman keineswegs den landläufigen Vorstellungen seiner Rolle entspricht. Stattdessen handelt es sich um einen im gesellschaftlichen Umgang geschliffenen, integrierten Lebemann, welcher als perfekter Gastgeber auf seiner mondänen Yacht im Mittelmeer kreuzt und nicht nur den italienischen Verteidigungsminister, sondern auch Sir Alec gekonnt an Bord zu empfangen weiss. Mehr soll hier zum Inhalt nicht verraten werden. Angesichts des fulminanten Feuerwerks der Szenenfolge wäre das auch gar nicht möglich. Ausserdem darf es nicht Aufgabe einer Besprechung sein, die Spannung des Buches vor der Lektüre zu brechen. Eichenberger ist kein Freund von ausführlichen Beschreibungen des Atmosphärischen oder der Umwelt. Selbst die Unterkapitel sind nur mit einer knappen Ortsangabe eingeleitet. Über sein zweites alter ego neben Richard, äussert der Autor sich treffend: „Floskeln und Vorreden waren nicht Sache von Sir Alec, hatte er es nicht mit schönen Frauen zu tun“. Eichenberger fokussiert auf Dialoge, die er ungeschminkt wieder gibt. Wo nötig, baut er allenfalls noch Kommentare ein, welche zum Inhalt der geführten Gespräche oder zu einem spezifischen Verhalten der Romanfiguren fachliche nachrichtendienstliche Erläuterungen abgeben. Diese Kommentare bilden gegebenenfalls das reale Standbein des fiktiven Siegermachers, ohne damit allerdings auf Kosten der Spannung in einen wissenschaftlich anmutenden trockenen Fachjargon zu verfallen. Auch mit dem Schluss des Romans macht es sich der Autor nicht leicht. Da ist kein Schwarz-Weiss Bereich mit scharfer Trennlinie, die eine Überführung und Bestrafung der Schuldigen und einem Happy End mit Siegerehrung ermöglicht. Dazu sind die Unzulänglichkeiten der Justiz auch im Roman noch viel zu stark dem realen Leben entnommen. Dies ist ein letzter wichtiger Aspekt, der trotz der Intensität des Inhalts und den dicht aufeinander folgenden Szenenwechseln den Leser mit Genuss und Gewinn beschert.Peter Hediger, Verteidigungsattaché a. D. 'Der Autor geht in seiner detaillierten Beschreibung der Personen, Orte und Interna des Radsports und Dopings so weit, dass der Leser keinen Roman mehr liest sondern sich der unerbittlichen Wirklichkeit ausgesetzt sieht.'Kathrin Rank, Art, Berlin