Beschreibung
Rudolf Grimm, Deutsche Presseagentur, schreibt:
Das jetzt im selben Verlag erschienene Buch des tschechischen Juden Herbert Thomas Mandl Die Wette des Philosophen enthält Erfahrungen im KZ Theresienstadt, das als »Paradelager« im Blick auf das Internationale Rote Kreuz eingerichtet worden war – eine »einzigartige Mischung von Unfreiheit und Freiheit«. Aber auch von hier gingen Transporte nach Auschwitz. Auf dem Wort »Transport« lag indessen ein Tabu. Das Ziel war den Lagerinsassen »das große Rätsel, das sichtbare Mysterium«. Der Autor spricht von seinem eigenen Transport nach Auschwitz-Birkenau mit seinem Vater, der – was der Sohn damals nicht wußte – freiwillig mitfuhr, als einer Reise in das »Zentrum des bösen Geheimnisses«. Der Titel des autobiographischen Romans bezieht sich auf einen Philosophen, der im »Prominentenhaus« des Lagers allein ein Zimmer bewohnen und auch Philosophieunterricht erteilen durfte. Als der damals 18 Jahre alte Mandl eines Tages zum »Transport« eingeteilt wurde, wettete der Philosoph mit einem anderen Schüler um eine Scheibe Brot, daß sein Mitschüler trotzdem verabredungsgemäß zu ihm kommen werde. Als Mandl das erfuhr, verfluchte er den Lehrer und wünschte ihm selbst den Tod in Auschwitz. Später sah er ein, daß sein Haß unsinnig gewesen war. Als Überlebender erfuhr er, daß der Professor schließlich selbst aus Solidarität mit seinen Schülern freiwillig nach Auschwitz und damit in den Tod gegangen war.
Autorenportrait
Herbert Thomas Mandl, 1926 in Bratislava geboren, in der deutsch-jüdischen Kultur aufgewachsen, ein Musiker, der Philosophie, Psychologie und Anglistik studiert. In der Nazi-Zeit wird er als junger Mann mit seiner ganzen Familie ins KZ Theresienstadt verschleppt, spielt dort im jüdischen Orchester, erlebt das Grauen und den Zynismus der Lagerorganisation. Es ist der Beginn einer endlosen Lagerwanderschaft zwischen allen ideologischen Systemen. Schließlich kommt er mit seinem Vater nach Auschwitz, überlebt mit ihm auch hier und wird schließlich ins KZ bei München verschleppt. Sein Vater stirbt in seinen Armen. Nach der Befreiung kehrt er zurück in die Tschecheslowakei, wird Musiklehrer am Konservatorium in Ostrau, heiratet eine bekannte tschechische Pianistin und gerät im kalten Krieg in Konflikt mit dem herrschenden System. Ihm gelingt eine spektakuläre Flucht als Tourist über Kairo und die dortige amerikanische Botschaft, wo er zuerst im ägyptischen Gefängnis zwischen Ausreise und Auslieferung bangt, wird dann nach Griechenland ausgeflogen, wo er in einem weiteren Lager interniert wird und gelangt letztlich nach Süddeutschland. Hier wird er zum verdächtigen Ostagenten gestempelt, der von den westlichen Geheimdiensten in endlosen Verhören und Untersuchungen auf seine Integrität abgeklopft und von östlichen Undercoveragenten in der Maske von Lagergenossen bespitzelt wird. Auch dieses Lager öffnet ihm eines Tages die Tore und entläßt ihn in die ersehnte westliche Freiheit. Er findet Unterschlupf bei einem befreundeten Literaten: Es ist Heinrich Böll. Gemeinsam planen sie die Flucht seiner in Ostrau verbliebenen Frau. Heinrich Böll schmuggelt sie während eines Besuchs in Prag unter dramatischen Umständen in einem umgebauten amerikanischen Straßenkreuzer über die Grenze. Ein Neuanfang im Traumland Amerika scheitert, erst die endgültige Rückkehr nach Deutschland lenkt sein Leben in ruhige Bahnen.