Wenn die Pommes Kirschen trägt und andere unter schlafenden Bäumen Masken aufziehen, dass die Tiger sie nicht angreifen, dann kommentieren Kinder Kunst! Mit erfrischender Unbefangenheit und viel Phantasie erkennen die kleinen Interpreten vieles – was für den einen klar ein Dackel, ist für die andere deutlich eine Blume – und wenn es sich widerspricht, dann wird lebhaft diskutiert. Ordentliches Selbstbewusstsein und kein bisschen Befangenheit ist zu spüren, wenn ein kleiner Kritiker beschliesst „Jetzt will ich auch mal was malen in Schlangenlinien.“ Der erwachsene Leser kann nur staunen über die Kreativität und Ernsthaftigkeit mit der sich Kinder in das Gesehene hineinbegeben. Die Bilder von Helmut Günter Lehmann laden Kinder ein, sich in das Gesehene hinein zu begeben. Sie lassen den nötigen Freiraum dafür, eigenes Erleben einzutragen. Sie bieten Gerüste der Fantasie ohne bequeme Erwartungen an verbreitete Klischees zu erfüllen.

Aus dem Vorwort: Vor mir liegt ein dickes Bündel weisser Blätter mit schwarzen dickstrichigen Zeichnungen darauf. Sie sind gerade mit der Post gekommen. Für Kinder sind sie gedacht. Und ich darf sie ihnen nahe bringen. Beinahe hätte ich geschrieben, dass ich damit arbeiten soll. Doch ich tue es gerne. Mit Jung und Alt, Frauen und Männern, in Schule und Gemeinde – wie oft habe ich mit anderen Menschen zusammen Bilder angesehen! Ich weiss, wie sich dabei Betrachtungsweisen eröffnen, Herzen in sich hinein schauen lassen, der Boden bereitet wird für neue Prägungen. Aber genau solche Erfahrung ist es auch, die mich zögern lässt. Denn dieses Mal gibt es nichts zu vermitteln oder gegebenenfalls zu verändern. Nur Beobachtung ist angesagt. Was der Maler H. G. Lehmann da aufs Papier gebracht hat, soll von den Kindern in erster Linie einfach aufgenommen werden. Wie sie das tun, ob ihnen dabei etwas zugute kommt, das zu notieren wird meine Aufgabe sein. Etwas bunter und süsser hatte ich mir die Kost schon vorgestellt. Am liebsten mundgerecht für die Kleinen zubereitet! Ob diese dunklen Figuren auf monochrom hellem Papier überhaupt kindliche Aufmerksamkeit auf sich lenken werden? Und wenn ja, ob sie das Augenmerk dann auch eine Weile an sich binden können? Tonlos und manches Mal eher Versteck spielend stehen Lehmanns schnell auf die Fläche gebrachte Eindrücke in scheinbar unüberwindlicher Konkurrenz zu den Produkten einer sich anbiedernden, überfarbigen, laut stimmigen Werbewelt. Welches Alter auf diese Vorlagen anspricht, ob mehr dabei herauskommt als eine Feststellung dessen, was die Betrachtenden erkannt zu haben meinen, ob es sich überhaupt lohnt, mit diesen Bildern von H. G. Lehmann auf Kinder zuzugehen, noch weiss ich es nicht. Ebenso wenig wie ich mir sicher bin, ob etwas an erfreulicher Erfahrung für mich dabei heraus springt. Und das würde ich mir schon wünschen, denn eine Enttäuschung bliebe vor allem an mir hängen, weil der Künstler bereits einen ganzen Sack voller guter Ergebnisse von seiner künstlerischen Arbeit mit Kindern eingeheimst hat. Also will ich den Versuch wagen, behutsam, neugierig und mutig. Ich vertraue darauf, dass Kinder, wie schon so oft, wieder einmal meine Lehrmeister sein werden. Und ich nehme mir vor, ehrlich und ungeschönt zu berichten, was ich bei der Begegnung von Kindern mit den Lehmannbildern erfahre.