Beschreibung
Der von den Achtundsechzigern propagierte 'Tod der Literatur' hat eine lebendige Debatte ausgelöst, die mehr enthält als die kulturpessimistischen Klagen über das Ende von Schrift und Buch. Der Band enthält die Vorträge des Symposiums 'Belles lettres / Graffiti', das 1998 im Rahmen der Marbacher Jahresausstellung 'Protest! Literatur um 1968' im Deutschen Literaturarchiv Marbach am Neckar stattfand. Helmuth Kiesel, Eberhard Lämmert und Klaus R. Scherpe hatten es in Zusammenarbeit mit Ulrich Ott vorbereitet. Mentalitäten, Strategien und Schreibweisen von 'Achtundsechzigern' wurden beleuchtet und in ihren Nachwirkungen sowie in ihrem Verhältnis zur Postmoderne beurteilt. Der daraus hervorgegangene Tagungsband versammelt Beiträge aus ideengeschichtlicher, linguistischer, System- und medientheoretischer Perspektive. Klaus Bogdal führt vor, wie man Sinn produzieren kann und Identität finden wollte, Christoph König schildert die problematische Suche nach dem Positiven und Andreas Huyssen profiliert die Unterschiede zwischen der amerikanischen und der deutschen 'Erinnerungspolitik' im Hinblick auf '1968'. Helmuth Lethen beschreibt eine unheimliche Begegnung mit Carl Schmitt, Michael Rutschky erinnert sich an die Wiedereinsetzung der Großväter und Jürgen Link geht den Störungen des Normalen nach. Klaus J. Mattheier zeigt die soziale Einbettung von Politjargon und 'dirty speech' auf, Fritz Hermanns wundert sich über den damaligen Reiz der Schwerverständlichkeit, Joseph Kopperschmidt fragt, warum die Studenten 'so große Ohren' hatten, und Ulrike Haß-Zumkehr geht der 'widerständigen Sprache' nach. Roman Luckscheiter skizziert die 'unsichtbare Religion' der Bewegung und Manfred Lauermann erläutert den Begriff des Religioiden. Wolfgang Kabatek ruft Peter Handkes subversives Spiel mit Fernsehformen in Erinnerung und Ingrid Münz-Koenen macht deutlich, wie das Fernsehen zur Emotionalisierung des politischen Empfindens beigetragen hat.