Beschreibung
Wir leben in einer Epoche, die allem, was 'Kreativität' behaupten oder auch nur suggerieren kann, blind huldigt, ja diese nahezu vergöttert. Solche hemmungslose Verehrung verstellt den Blick auf Wesentliches. Man gewinnt den Eindruck, Kreativität sei eine unerschöpfliche Ressource für alle und jeden, jederzeit und bedingungslos abrufbar. Ist sie das? Nein, sie ist es nicht. Kreativität ist ein seltenes Vermögen innovativer und komplexer Transformation. Der rein individuelle Gesichtspunkt reicht nicht. Schöpferische Prozesse sind immer auch solche der Verausgabung und Verschwendung, Erschöpfung und gar Zerstörung. KRITIK DER KREATIVITÄT versucht, den Paradoxien und Widersprüchen des Themas nachzugehen. Das Buch skizziert trans- wie intrakulturelle Verzweigungen und eruiert Hintergründe von poetischen und theoretischen Ausdrucksformen, konzeptuelle Formulierungen und Modelle aus verschiedenen Bereichen in unterschiedlichsten Hinsichten. Das letzte Jahrhundert kann als das hervorstechende einer eigentlichen Vergötterung entfesselter Kreativität gelten. Zum Ende dieses selben Jahrhunderts hin wird die methodische Bearbeitung des Kreativen als einer 'erfindenden' Kunst der Artefakte und des Irregulären zum bestimmenden Modus von entgrenzter Kreativität für zahlreiche weitere soziale Bereiche und Systeme außerhalb der Künste. Die Abhandlung thematisiert europäische und außereuropäische Traditionen und Konzeptionen, archaische wie moderne, künstlerische und außerkünstlerische Motive. Besondere Bedeutung für ein methodisches Verstehen von Kunst wie von ästhetischer Kreativität generell haben darin: das Verhältnis von Künsten und Wissenschaften, Spiel und Experiment, Theorien der Phantasie, die Geschichte der europäischen Künstlerausbildung sowie die differenten Konzeptionen des Schöpferischen, wie sie z. Bsp. die Aborigines oder die chinesische Zivilisation entfaltet haben. Das Buch entfaltet das Spektrum in drei Hauptkapiteln: Zunächst geht es um die thematisch relevanten Dimensionen der Sprache, des Denkens und des Handelns. Es folgen Expositionen, Modelle und kulturelle Varianzen, die sich unter Anderem mit einer polykulturell angelegten Kunstgeschichte des Kreativen auseinandersetzen. Anschließend wird in Fallstudien die komplexe Kritik der Kreativität präzisiert. Ein Epilog zum Problem des 'Rests' beschließt die Abhandlung, die sich als eine entwerfende Kartographie des Syndroms des Kreativen versteht.
Autorenportrait
Hans Ulrich Reck, geb. 1953, Prof. Dr. phil. habil., Philosoph, Kunstwissenschaftler, Publizist, Kurator. M.A. 1976, Dr. phil. 1989, Habilitation/venia legendi für >Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaften< 1991. Seit 1995 Professor für Kunstgeschichte im medialen Kontext an der Kunsthochschule für Medien in Köln, davor Professor und Vorsteher der Lehrkanzel für Kommunikationstheorie an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien (1992-1995), Dozenturen in Basel und Zürich (1982-1995). Seit April 2014 Rektor der Kunsthochschule für Medien Köln, seit April 2016 Sprecher der Rektorenkonferenz der deutschen Kunsthochschulen (RKK). Publikationen zuletzt: Pier Paolo Pasolini - Poetisch Philosophisches Porträt, 2 CDs (Königs-Wusterhausen 2012); Spiel Form Künste. Zu einer Kunstgeschichte des Improvisierens (hg. v. Bernd Ternes, Hamburg 2010); Pier Paolo Pasolini (München 2010); Traum. Enzyklopädie (München 2010); Diskursive Twin Towers/ Theorieturnier der Dioskuren (gemeinsam mit Bazon Brock, Hamburg 2010); Knacki (gemeinsam mit Erik Steinbrecher, Basel 2008); Index Kreativität (Köln 2007); EIGENSINN DER BILDER. Bildtheorie oder Kunstphilosophie? (München 2007); Das Bild zeigt das Bild selber als Abwesendes (Wien/New York 2007); THE MYTH OF MEDIA ART. The Aesthetics of the Techno/Imaginary and an Art Theory of Virtual Realities (Weimar 2007); Kunst als Medientheorie. Vom Zeichen zur Handlung (München 2003); Mythos Medienkunst (Köln 2002); Junggesellenmaschinen (erw. Neuausg. zus. mit Harald Szeemann, Wien/New York 1999); Zugeschriebene Wirklichkeit. Alltagskultur, Design, Kunst, Film und Werbung im Brennpunkt von Medientheorie (Würzburg 1994); Grenzziehungen. Ästhetiken in aktuellen Kulturtheorien (Würzburg 1991). Außerdem: audiolectures 1 bis 4 zur Geschichte der Künste im medialen Kontext (Kunsthochschule für Medien Köln 2001 - 2013). Werke in öffentlichen Sammlungen/ künstlerische Kooperation: »Bild ist nicht Kunst«/»Kunst ist nicht Bild«, Textbeitrag für die dauerhafte Installation im weltweit angelegten Zyklus/work in progress von Remotewords (Achim Mohné/Uta Kopp), Dach des >Hauses der elektronischen Künste< in Basel, Dreispitzareal, Einweihung 22. November 2014; Ich kann, weil ich will, was ich muss, angekauft durch die Sammlung Ströher und seit November 2013 fest installiert im Duisburger Innenhafen als Teil der ständigen Ausstellungen des Museums Küppersmühle Duisburg (zusammen entwickelt mit Andreas M. Kaufmann, ursprünglich realisiert als Ausstellungsinsel für >Ruhr Atoll 2010. Kunst und Energie< im Rahmen der Aktivitäten und Ausstellungen der Kulturhauptstadt Ruhrgebiet/Essen, Baldeneysee Essen vom 12. Mai bis Ende September 2010)