Beschreibung
Allein die Zahlen übersteigen unser Vorstellungsvermögen. Dutzende von Billionen Dollar gaben Ost und West für ihren Kalten Krieg aus - um heiße Kriege abschrecken oder gewinnen zu können, um im Wettlauf der Gesellschaftssysteme die Oberhand zu behalten oder um Schlüsselregionen in der Dritten Welt auf ihre Seite zu ziehen. Über die Folgen streiten Ökonomen und Wirtschaftshistoriker bis heute: Hat man es mit einer Ressourcenvernichtung in der Größenordnung eines Weltkrieges zu tun? Oder kamen diese Ausgaben doch der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung zugute? Wie stark wirkten die Impulse des Kalten Krieges auf das Wirtschaftswachstum im Vergleich zu anderen Faktoren - etwa zur Globalisierung? Im vorliegenden Band ziehen 25 Autoren eine lange vermisste Bilanz. Detailstudien und Makroanalysen wägen Soll und Haben aufseiten der Hauptkontrahenten gegeneinander ab und legen dar, warum der 'Wirtschaftskrieg' zwischen den Blöcken von Anfang an mit stumpfen Waffen und unwilligen 'Mitstreitern' geführt wurde und warum die Händler einen längeren Atem hatten als die Kalten Krieger. Dass die 'Dritte Welt' den höchsten, oft ruinösen Preis für den Kalten Krieg zahlte und in welcher Weise lokale Eliten zu diesem wirtschaftlichen Desaster beitrugen, wird anhand dieses systematischen Überblicks ebenfalls deutlich. Nicht zuletzt befassen sich die Autoren mit den noch immer unabgegoltenen Hypotheken des Kalten Krieges - vornehmlich mit den großflächigen Verwüstungen der Umwelt, die in Ost und West bedenkenlos in Kauf genommen wurden, wenn es galt, Waffen zu produzieren und zu testen oder die Wirtschaft mit allen Mitteln zu modernisieren. Von 20 000 hochgradig verseuchten Orten in den USA ist die Rede; in Russland und den Nachfolgestaaten der UdSSR liegt die Zahl vermutlich noch wesentlich höher. Allein für die Beseitigung des Gröbsten werden auf unabsehbare Zeit Milliarden aufgewendet werden müssen.
Autorenportrait
Bernd Greiner, Prof. Dr., Historiker, Politikwissenschaftler und Amerikanist, Leiter des Arbeitsbereichs 'Theorie und Geschichte der Gewalt' am Hamburger Institut für Sozialforschung, Professor an der Universität Hamburg. Er arbeitet zur US-amerikanischen Geschichte des 20. Jahrhunderts mit einem Schwerpunkt auf der Erforschung des Kalten Krieges, der Beziehungen zwischen Militär und Zivilgesellschaft seit 1900 und des deutsch-amerikanischen Verhältnisses sowie zur Theorie der Gewalt und der internationalen Beziehungen. Christian Th. Müller, Dr. phil., Historiker, arbeitet zur deutschen Militärgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, zu Militär und Gesellschaft in der DDR sowie zu den ausländischen Truppen im geteilten Deutschland. Claudia Weber, Dr. phil., Historikerin, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Arbeitsbereich 'Theorie und Geschichte der Gewalt' am Hamburger Institut für Sozialforschung. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Geschichte der Gewalt in Ost- und Südosteuropa, Gesellschaftsgeschichte des Kalten Krieges, die politische Kommunikation von Kriegsverbrechen und Massakern im Kalten Krieg und Erinnerungskultur und Nationalismus auf dem Balkan im 19. und 20. Jahrhundert.