Beschreibung
Auf »Buchfühlung« mit Theo Breuer
Mit Vorschlag zur Blüte legt Theo Breuer – nach Das gewonnene Alphabet (2012), Zischender Zustand ? Mayröcker Time (2017), Scherben saufen (2019), Winterbienen im Urftland (2019) und NICHT WENIGER NICHT MEHR (2021) – 2023 ein weiteres Ge-dichtbuch im Pop Verlag vor.
Es scheint ganz so, als habe der Autor (eiei, so das denn möglich sei) es nun noch mehr, o je, auf die Sprache, ja, aufs einzelne Wort abgesehn.
Ja, was denn sonst??? mögen, freilich, manche fragen.
Recht haben sie mit dem, was Hannah Arendt kurz und bündig proklamiert : Alles, wirklich alles dreht sich um Sprache.
Auch diese seitenweise feurig funkelnden, aus Aufgelesnem montierten, Klangbilder malenden, Klangräume eröffnenden Gedichte wollen eins – unmiß:verständlich – klarstellen : Ohne den Schall der Sprache geht gar nichts.
(Echt jetzt?)
Getreu dem vorangestellten Motto, auf das er während der Lek-türe von Gila Lustigers Roman So sind wir stieß, bewegt, jong-liert, vertauscht Breuer (vexierbildlich gesprochen) die Buchsta-ben so lange, »bis die Welt von ihnen abfällt und« – im glückli-chen Falle – »das reine magische Wort entsteht«.
Von A, dem laut Grimmschem Wörterbuch »edelsten, ur-sprünglichsten aller Laute«, bis zum ziemlich zackigen Z werden – parodistisch programmatisch, gern eine schicke Lippe riskie-rend – Paragramm, Pastiche, Pointe u. a. m. auf lustvoll lustige Weise probiert, daß es nur so eine Art hat. (Ja, manches steht auf der Kippe.)
Und nein, verehrter Leser : »Pardon wird nicht gegeben«. (Denn wie meinte einst Ernst Jandl : »Die Rache der Sprache ist das Gedicht«, was Mrs Columbo lächelnd bejaht.)
Ob lakonisches Einwortgedicht, verpörender Vierzeiler, tief-schweifendes Sonett oder worttoller Seitenknüller, ob geheim-nisvoll/rätselhaft spiegelndes Gemäldegedicht, tonangebendes Musikgedicht, schrulliges Rollengedicht (oder scheinteiliges Spiel mit dem ›Ich‹ : Bensch, Kraus, Quer und Träumling las-sen grüßen) – die vielhäutigen Verse reißen uns, akrobatisch von Wortriff zu Wortklippe springend, mit in die schiefen Gründe und Schlünde, die sich beim Lesen wortsaufend auftun.
Wie kein anderer Lyriker bedient sich Theo Breuer, so Norbert Scheuer in der Süddeutschen Zeitung, in seinem mittlerweile großen Werk der gesamten Weltliteratur, indem er diese kombi-niert, assimiliert und die Motive zu einem neuartigen lyrischen Konzept verarbeitet. Seine Gedichte folgen einer rätselhaften Traumspur und sind gleichzeitig doch ganz konkret, von einer nicht abzuweisenden inneren Logik durchdrungen.
Das Gedichtbuch Vorschlag zur Blüte ist also alles andre als eine schmucke Eigentumswohnung, sondern, im Gegenteil, ein se-gelrechtwidriger labyrinthischer Kosmos toll von fintenreichen binnengereimten paradoxen Interventionen, in dem man sich (ohne Faden, aber mit dem knallenden Gebrüll des Minotauros im Ohr) vollends verlieren und eben drum blauwohl fühlen kann – eingeladen, die Verse um- und fortzuschreiben.
Und – wer wollte denn nicht dabei sein, wenn Eros mit Thana-tos Tango tanzt?! (Dabeisein ist schließlich – auch und beson-ders in der Lyrik – : alles.)