Beschreibung
Wally Neuzil war in Egon Schieles frühen, wichtigen Schaffensjahren für vier Jahre seine Geliebte und Gefährtin. Zugleich war sie für eine Vielzahl von Zeichnungen und Aquarellen sein Modell. Offenbar war diese Frau für den sich suchenden Künstler lebenswichtig. Obwohl es nur wenige Dokumente zu Wally gibt - Künstlermodelle führten in jenen Jahren eine anrüchige Schattenexistenz, nahe an der Prostitution -, ist offensichtlich, dass sie für die Kreation seines außergewöhnlichen Werkes eine entscheidenden Rolle gespielt hat. Sie musste tabulos sein und durfte keine Hemmungen im Selbstausdruck haben. Sie hatte Verständnis für seinen obsessiven Charakter und stand ihm auch dann zur Seite, als er von der Gesellschaft ins Abseits gedrängt wurde, als man ihn fälschlich beschuldigte, Kinder, die ihm Modell standen, missbraucht zu haben. In den Augen der Porträts, die Schiele von ihr machte, sehen wir heute noch ihre stille Kraft. Diese ungebildete, aus ärmlichen Verhältnissen stammende Frau folgte ihm auf seinem "Wandelweg über Abgründe". Als er sie schließlich für seine zukünftige Frau Edith verließ, ließ sie sich letztlich nicht unterkriegen. Sie ließ sich zur Krankenpflegerin ausbilden, damals ein neues Berufsbild für Frauen, und war bis zu ihrem frühen Tod an der Front des Ersten Weltkriegs tätig. Ihrer Biografie, die in diesem Buch erstmals nacherzählt wird, steht für ein exemplarisches Frauenleben im Wien der Jahrhundertwende - zwischen prekären Verhältnissen, gesellschaftlichen Rollenzuschreibungen vom "süßen Mädel" bis zur Prostituierten und dem Wunsch nach einem selbstbestimmten Leben.
Autorenportrait
Studium der Germanistik, Theologie und Psychologie. Psychotherapeut (Gestalttherapie). Ausstellungskurator und Vorstandsmitglied in der Leopold Museum-Privatstiftung. Mehrjährige Aufenthalte in Japan. Trainer in Kyudo für traditionelles japanisches Bogenschießen. Publizierte u. a. "Rudolf Leopold - Kunstsammler" und "Shinto in der Kunst des Bogenschießens." Studium der Geschichte und der französischen Literatur in Wien, Paris, Nîmes, Helsinki, Brüssel und Luxemburg. Ab 2010 freier museologischer Mitarbeiter im Leopold Museum. Zwischen 2011 und 2013 Assistent des museologischen Direktors. Seit 2013 Leiter des Egon-Schiele-Dokumentationszentrums im Leopold Museum. Studium der Kunstgeschichte an der Universität Wien. Seit 2007 projektbezogene wissenschaftliche Tätigkeit im Museums- und Ausstellungswesen in Galerien und Museen. Seit 2011 wissenschaftliche Mitarbeiterin und Assistenzkuratorin im Leopold Museum sowie seit 2013 Assistentin des museologischen Direktors. Dokumentation der Korrespondenz Gustav Klimt an Emilie Flöge im Rahmen der Ausstellung Klimt persönlich. Bilder Briefe Einblicke und wissenschaftliche Werkdokumentation anlässlich des GustavKlimtBestandskataloges für das Leopold Museum.