Beschreibung
Die Notwendigkeit einer nachhaltigen und sozialverträglichen Energieversorgung auf Basis regenerativer Ressourcen ist in Deutschland und Europa so hoch wie nie zuvor. Im Zuge verschiedener Gesetze werden deshalb Regelungen für unterschiedliche Sektoren und Bereiche definiert. Zwei der wichtigsten dieser Bereiche stellen der Verkehrssektor und der Gebäudebereich dar, welche für einen großen Teil der ausgestoßenen Treibhausgasemissionen verantwortlich sind. Der Verkehrssektor wird in den letzten Jahren vor allem durch das Voranschreiten der Mobilitätswende geprägt, die Elektromobilität entwickelt sich in Deutschland und Europa mit wachsender Dynamik. Im Gebäude- und Wohnbereich zeichnet sich parallel ein Trend zur innerstädtischen Verdichtung ab. Zentral gelegene, mehrstöckige Wohnquartierkonzepte nehmen in Ballungsgebieten weiter zu. Deshalb werden auch Energieversorgungssysteme für Wohnquartiere mit integrierter Ladeinfrastruktur zunehmend an Bedeutung gewinnen. Durch mögliche Effizienzsteigerungen und vor dem Hintergrund steigender Energiepreise können hierbei durch einen optimierten energetischen Betrieb verschiedene Potenziale gehoben werden. Weitere Vorteile der energetischen Systemintegration birgt der Einsatz des bidirektionalen Ladens, da die energetische Flexibilität des Gesamtsystems so erhöht werden kann. Vor diesem Hintergrund wird untersucht, inwieweit das bidirektionale Laden als integrativer Bestandteil des Betriebs multimodaler Energieversorgungssysteme für Wohnquartiere ökonomischen und ökologischen Nutzen schaffen kann. Hierfür wird systematisch ein Modell entwickelt, welches sämtliche relevanten energiewirtschaftlichen, rechtlichen, technologischen und verhaltensbedingten Aspekte abbildet. Der Betrieb des Energieversorgungssystems wird hierbei mittels gemischt-ganzzahliger linearer Modellierung optimiert. Das Mobilitätsverhalten der Bewohner wird mit Copula-Funktionen abgebildet, während ihr Entscheidungs- und Ladeverhalten regelbasiert modelliert wird. Das Zusammenwirken aller Modellentitäten wird übergeordnet agentenbasiert realisiert. Das Gesamtmodell wird genutzt, um auf Basis von erhobenen Realdaten das Betriebsverhalten des simulierten Gesamtsystems aus stationären und mobilen energetischen Komponenten zu analysieren. Die Simulationsergebnisse zeigen, dass das bidirektionale Laden im Zuge des optimierten Betriebs der untersuchten Energieversorgungssysteme von Wohnquartieren unter den aktuellen regulatorischen und energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland nicht ökonomisch zielführend eingesetzt werden kann. Anpassungen dieser Rahmenbedingungen in Bezug auf den direkten Zugang kleinerer Wirtschaftseinheiten zum Energiemarkt sowie bei bestimmten regulatorisch bedingten Umlagen können jedoch dazu führen, dass das bidirektionale Laden im energetischen Betrieb ökonomische Parität erlangt. Zusätzlich wird gezeigt, dass übergeordnete Netzebenen entlastet werden können. Eine ökologische Vorteilhaftigkeit des bidirektionalen Ladens kann im Zuge der Simulationen hingegen nicht nachgewiesen werden. Das entwickelte Modell und die gewonnen Erkenntnisse können zukünftig dabei helfen, Wohnquartiere mit integrierter bidirektionaler Ladeinfrastruktur energetisch besser zu gestalten und effizienter zu betreiben.