Beschreibung
Es gibt Dinge, über die man keine Witze macht. Es sei denn, man erlebt sie selbst. Auf den ersten Blick paradox, sind gerade aus der Phase des nationalsozialistischen Regimes politische Witze in großer Zahl dokumentiert, in Witzsammlungen, in autobiographischen Aufzeichnungen, aber auch in Gerichts- und Gestapoakten. Zwei unterschiedliche Positionen prägen die Diskussion zum politischen Witz: "Der politische Witz dient als Waffe gegen ein abgelehntes Regime." bzw. "Der politische Witz dient als Ventil zur psychischen Entlastung von Witzerzähler und Zuhörer." Dabei wird der Witz zumeist als Textsorte gesehen und über seinen textlichen Charakter empirisch erfaßt. In dieser Arbeit wird der gängigen Praxis ein begriffliches Verständnis gegenübergestellt, das den Witz als ein kommunikatives Geschehen erschließt: komplex, interaktional und dynamisch. Dadurch wird es möglich, den politischen Witz hinsichtlich seiner Funktionalität neu zu bewerten. Ausgewählte theoretische Ansätze der Kommunikationswissenschaft werden auf ihre Relevanz für ein Erkenntnisobjekt wie den Witz hin analysiert. Im Zuge dieser Analyse zeigen sich Chancen, aber auch vorhandene Defizite kommunikationswissenschaftlicher Theoriebildung im Kontext individualkommunikativer Phänomene.