Beschreibung
Für die gesellschaftliche Transformation in Richtung Nachhaltigkeit spielt die Gestaltung des Energiesystems eine zentrale Rolle. In Deutschland unterliegt insbesondere der Stromsektor seit dem Jahr 2000 einem Technologiewandel, in dessen Zuge erneuerbare Energien zunehmend Kernkraft- und Steinkohlekraftwerke ersetzen. Allerdings beschränkt sich die Umgestaltung des Stromsystems nicht auf technologische Aspekte. Durch die Anreize des Erneuerbare-Energien-Gesetzes begannen systemfremde Akteure, Photovoltaik- und Windanlagen zu errichten und damit am Energiemarkt teilzunehmen. Zu diesem Zweck haben sich Bürger seit 2006 u. a. in mehr als 800 Energiegenossenschaften organisiert. Ihnen wird sowohl im öffentlichen als auch im wissenschaftlichen Diskurs aufgrund ihrer Organisations- struktur die Rolle transformativer Akteure zugesprochen. Denn Genossenschaften vereinen von ihrem Wesen her bereits soziale und ökonomische Zielsetzungen; Erneuerbare Energie-Genossenschaften adressieren mit ihrem Gegenstand zudem die ökologische Dimension. Selten wurde bisher jedoch betrachtet, wie diese theoretisch abgeleiteten Potenziale in der Realität in den Genossenschaften gelebt und gestaltet werden. Ziel dieser Arbeit war es daher, die strukturellen Analysen um eine Innensicht auf die Energiegenossenschaften zu ergänzen. Anhand von vier Fallstudien zeigt sie auf, wie die Genossenschaftsvorstände seit ihrer Gründung Potenziale für transformatives Wirtschaften vor dem Hintergrund sich wandelnder politischer Rahmenbedingungen realisiert und Handlungsspielräume innerhalb ihrer Organisation genutzt haben. Das Ergebnis verdeutlicht auch, dass ein unmittelbarer Rückschluss von der Struktur auf die energiegenossenschaftliche Praxis zu kurz gegriffen ist.