Beschreibung
Alle Kollegen und Kolleginnen, die zu dieser Publikation beigetragen haben, waren über den viel zu frühen Tod unseres Freundes Rainer Hannig zutiefst erschüttert. Eigentlich war dieser Band als Festschrift geplant, und wir hatten ihm zu seinem letzten Geburtstag schon das Inhaltsverzeichnis überreicht. Leider hat das Schicksal sich dagegen gewandt, und es ist eine Gedenkschrift daraus geworden, die uns dankbar und voller Respekt an sein beeindruckendes Lebenswerk und seine sehr oft uneigennützige wissenschaftliche Unterstützung erinnern soll. Rainer Hannig wurde am 19. August 1952 in Eime, im niedersächsischen Leinebergland, geboren. Nach seinem Abitur studierte er zunächst Sozialarbeit, wechselte dann aber zur Ägyptologie. 1979 schloss er seinen Magister an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen mit einer Arbeit zur "Erzählung und Rede im Papyrus Westcar" ab, 1984 seine Promotion an der Universität Heidelberg zum Thema "Kernbereich des mittelägyptischen Verbalsystems", und 2008 habilitierte er sich an der Phillips-Universität Marburg. Nach seinem Studium war er zunächst für drei Jahre als erster Dozent für Ägyptologie in China an der Northeast Normal University in Changchun tätig und begründete damit die Ägyptologie des Landes. Nach seiner Rückkehr arbeitete er von 1988 bis 2000 am Roemer- und Pelizaeus-Museum Hildesheim und war dort in eine Reihe von Forschungsprojekten eingebunden. 1991 veröffentlichte er in den Hildesheimer Ägyptologischen Beiträgen (HÄB) Bd. 32 seine Arbeit zu "Pseudopartizip und sdm.n=f. Der Kernbereich des mittelägyptischen Verbalsystems II". Ein Projekt zur "Paläographie der Särge aus Assiut", das von der DFG finanziert wurde, führte er 1995 bis 1997 durch, dessen Ergebnisse 2006 als Bd. 47 der HÄB erschienen. In den 1990er Jahren war er auch mehrfach in Ägypten, wobei er in Giza das Grab eines bislang unbekannten Wesirs namens Iri-en-achti entdeckte, das er 2002 zusammen mit Günter Dreyer als Projekt des Deutschen Archäologischen Instituts in Kairo ausgraben konnte. In seiner Zeit in Hildesheim begann Rainer Hannig auch mit seinem größten Projekt, der IMHOTEP-Wörterbuchreihe, welche die umfangreichste Sammlung altägyptischer Wörter aus dem Zeitraum vom Alten bis zum Neuen Reich enthält. Die Ergebnisse wurden ab 2003 unter dem Titel "Hannig-Lexica" in bislang 5 Bänden mit einem Gesamtumfang von über 10.000 Seiten veröffentlicht. Ein 6. Band war vor seinem Tod in Vorbereitung sowie gemeinsam mit Franklin Baumgarten eine Übersetzung seines Wörterbuchs ins Englische. Ab dem Jahr 2000 unterrichtete er am Seminar für Ägyptologie und Koptologie der Georg-August-Universität Göttingen ägyptische Sprache und Epigrafie, und im Jahr 2003 / 2004 übernahm er als Honorarprofessor an der Universität Marburg die Leitung des Fachgebiets Ägyptologie. Ab 2007 war er außerdem zusammen mit Daniela Rutica Veranstalter der jährlich im koptischen Kloster Brenkhausen stattfindenden "Tage der Ägyptologie". Neben der Ägyptologie beschäftigte sich Rainer Hannig zusätzlich intensiv mit der Methodik zur Entzifferung unbekannter Schriften, dazu gehörte auch sein letztes Forschungsprojekt zum "Voynich-Manuskript", dessen Schrift und Sprache bislang unbekannt waren. Es gelang ihm, die dem Manuskript zugrundeliegende Sprache als osteuropäische Variante des mittelalterlichen Hebräisch mit zahlreichen Fremdwörtern zu bestimmen und die Schrift zu entziffern. Rainer Hannig war einer der bedeutendsten deutschsprachigen Wissenschaftler der letzten Jahre auf dem Gebiet der Ägyptologie, Lexikografie und Sprachwissenschaften. Er zeichnete sich nicht nur durch seine enorme Arbeitsleistung sowie seine genaue und sehr verlässliche Arbeitsweise aus, sondern auch durch seine Offenheit für neue Ideen und Diskussionen. Die Herausgeber danken der Schafhausen Stiftung und dem Freundeskreis Ägyptisches Museum Wilhelm Pelizaeus Hildesheim e.V. für die großzügige finanzielle Unterstützung der vorliegenden Publikation sowie Frau Dr. Betti