Beschreibung
Die historische Krise der Jahre um 1990 hatte Norberto Bobbio 'wie viele meiner Generation fassungslos zurückgelassen' und ihm sein Alter deutlich gemacht. Dieses Alter beschreibt er unnachahmlich kühl: Ausgrenzung aus der Gesellschaft, Leben in der Erinnerung, Bewusstsein für das Unerreichte, Verlangsamung. Und immer wieder die Frage: Wie ist es einem gelungen, all den Autos, Dachziegeln, Blitzen und Krankheiten auszuweichen und ein hohes Alter zu erreichen? Wie tief wird der Brunnen des Gedächtnisses? Wie soll man Grenzen akzeptieren, ohne sie zu erkennen? Wie geht man mit dem Reichtum der Vergangenheit um, wie mit dem Gefühl, nur an den Fuß des Wissens gekommen zu sein, wie mit der Erkenntnis, jeden Tag mehr aus der technischen Welt herauszufallen; und wie mit den eigenen Irrtümern und falschen Prognosen?
Autorenportrait
Norberto Bobbio wurde 1909 in Turin geboren. Der promovierte Jurist lehrte Rechts- und Staatsphilosophie an verschiedenen italienischen Universitäten, zuletzt bis zu seiner Emeritierung 1979 in Turin. Seit 1935 veröffentlichte er in verschiedenen sozialliberalen und regimekritischen Zeitschriften, etwa 'L'ora dell' Azione', 'Lo Stato Moderno' und 'Occidente', seit 1976 schrieb er für die Tageszeitung 'La Stampa'. Bobbio war Herausgeber mehrerer Bücher zur Politischen Ökonomie und Philosophie, etwa von Popper, Hobbes und Marx und hat selbst zahlreiche Schriften über die Menschenrechte und zur Theorie von Politik, Demokratie und Recht verfasst. Er war Ehrendoktor verschiedener europäischer Universitäten und Ehrenvorsitzender der Società europea di cultura. Im Juli 1984 wurde er zum Senator auf Lebenszeit ernannt. Norberto Bobbio starb 2004 in Turin.