Beschreibung
Die Philosophin Hannah Arendt (1906-1975) hat die politische Theorie des 20. Jahrhunderts durch eine folgenreiche begriffliche Unterscheidung nachhaltig herausgefordert. Sie entwickelt in ihren Schriften Vita activa, Über die Revolution und Macht und Gewalt in den 1950er und 1960er Jahren die These, dass Macht und Gewalt zwei politische Phänomene darstellen, die gegenteilige Ursachen und Effekte haben und darum radikal zu unterscheiden sind. Arendt unterzieht die politische Geschichte der Gegenwart im Lichte des Gegensatzes von Macht und Gewalt einer Relektüre und entwickelt ein neues Verständnis von Revolution und Demokratie, von ökonomischer Rationalität und totaler Herrschaft. Den Ausgangspunkt ihrer politischen Philosophie bildet die Überzeugung, dass sich der freiheitliche Charakter der Politik daran bemisst, wie weit sie Gewalt in ihren verschiedenen Facetten vermeiden und transformieren kann. Das vorliegende Werk analysiert Arendts politische Philosophie, indem sie die deskriptive und normative Unterscheidung von Macht und Gewalt ins Zentrum rückt. Der Gegensatz der beiden Konzepte bietet einen Schlüssel, um wichtige Aspekte von Arendts politischem Denken zu klären, die bei Arendt selbst wie auch in der Sekundärliteratur nur ansatzweise ausgeführt sind. Dies beinhaltet einerseits die genauere Bestimmung des Konzepts der Macht, verstanden als Ermöglichungsmacht und als Durchsetzungsmacht sowie deren Abgrenzung zu Formen der politischen Gewalt. Andererseits geht es darum, Arendts emphatisches Verständnis von Macht als Praxis des Anfangens, Teilens und der Teilhabe kritisch nach seinen Grenzen und Ausschlüssen zu befragen und zu zeigen, wo sich in Arendts eigener Machttheorie Gewalt implizit einschreibt und wie auf politischer Ebene Macht und Gewalt zusammenwirken können. Das Buch bietet eine klare und detaillierte Rekonstruktion von Arendts Verständnis von Macht und Gewalt und diskutiert dessen aktuelle Bedeutung für eine politische Theorie demokratischer Praxis.
Autorenportrait
Katrin Meyer, geb. 1962, ist Privatdozentin für Philosophie an der Universität Basel und Lehrbeauftragte für Philosophie und Gender Studies an verschiedenen Schweizer Universitäten. Sie promovierte über Friedrich Nietzsche und habilitierte sich mit einer Studie über Michel Foucault und Hannah Arendt. Ihre aktuellen Forschungsgebiete sind Theorien der Macht und Gewalt, (Post-)Demokratie, Kritik der Sicherheit und feministische Theorien der Intersektionalität.