Beschreibung
Universität und Öffentlichkeit – aus vierfacher Perspektive beleuchtet In welcher Beziehung stehen Universität und öffentlicher Raum? Im vorliegenden Band zeigen die von Rainer Christoph Schwinges versammelten Beiträge, dass es wenige Leitplanken gibt, an denen man sich in dieser Frage orientieren könnte. Die Universität scheint im öffentlichen Raum keine klare Funktion einzunehmen, nutzt ihn weder als Bühne noch als soziale Umwelt, Aneignungsraum, Standort- oder Zukunftsfaktor. Aus unterschiedlichen Blickwinkeln untersuchen Beiträge aus den Niederlanden, Österreich und der Schweiz dieses Verhältnis mit dem Ziel, dass sich die Universität ihre ursprüngliche Identität als Kommunikationsgemeinschaft wieder aneignet. Aus vierfacher Perspektive nehmen die Beiträge die Relationen zwischen Universität und Öffentlichkeit in den Blick. Dabei geht es zunächst um die Selbstdarstellung der Universität. Die behandelten Themen reichen hier von der öffentlichen Gesundheitspflege im Mittelalter über das Zeremoniell der Doktorpromotionen und Universitätsjubiläen bis hin zur Frage nach dem Nutzen von Universität und Wissenschaft. Umgekehrt wird auch die Aussenwahrnehmung der Universität durch den öffentlichen Raum behandelt. Spannungen und Auseinandersetzungen in und um die Gelehrtenrepublik, Bildung und Kommerz, Funktion und Repräsentanz der Universitätsbauten sowie um den universitären «Käfig voller Narren» in Karikatur und Satire sind Themen, die behandelt werden. Die dritte Perspektive zielt auf die wissenschaftliche und soziale Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit und beschreibt Gelehrte zwischen Karriere und Kontrolle, prüft das Konzept «Menschenwürde», historisiert den Diskurs über Wissenschaft und Verantwortung oder fragt danach, was genau unter «Universitäts- und Wissenschaftspolitik» zu verstehen ist. Schliesslich werden «Universität und Gesellschaft» direkt mit Beiträgen zur öffentlichen Wirkung von Rektoratsreden, zur Stellung von Professoren und Studenten, zur «Sprengung des Elfenbeinturms» und zu einer der wichtigsten universitären Zukunftsfragen in den beiderseitigen Beziehungen konfrontiert. Aus dem Inhalt: Teil I: Wahrnehmung des öffentlichen Raumes und Selbstdarstellung der Universität Wolfgang Eric Wagner, Doctores – Practicantes –Empirici. Die Durchsetzung der Medizinischen Fakultäten gegenüber anderen Heilergruppen in Paris und Wien im späten Mittelalter Reinildis van Ditzhuyzen, Selbstdarstellung der Universität. Feiern und Zeremoniell am Beispiel der Doktorpromotionen Thomas P. Becker, Jubiläen als Orte universitärer Selbstdarstellung. Entwicklungslinien des Universitätsjubiläums von der Reformationszeit bis zur Weimarer Republik Walter Höflechner, Zu Nutzen von Universität und Wissenschaft. Von der Nichtbewertbarkeit der Erkenntnisleistung zum indikatorgesteuerten Budget Teil II: Wahrnehmung der Universität durch den öffentlichen Raum Wolfgang E. J. Weber, Gelehrsamkeit und Universität in der öffentlichen Wahrnehmung des 16. Jahrhunderts – ein Aufriss Fritz Osterwalder, Universität in der öffentlichen Auseinandersetzung. Zwischen Republik, Kommerz und Bildungsreligion Marc Schalenberg, Zum grösseren Ruhme der Wissenschaft oder der Fürsten? Universitätsbauten und Urbanistik in deutschen Residenzstädten im 19. Jahrhundert Marian Füssel, Ein Käfig voller Narren? Die Universität in Karikatur und Satire Teil III: Universität, Wissenschaft und Verantwortung Martin Kintzinger, Scientia mundus illuminatur. Gelehrtes Wissen zwischen Erkenntnis und Kontrolle Andreas Kley, Menschenwürde als Rechtsprinzip? Überlegungen zur Rolle der Menschenwürde als Argument in rechtlichen und politischen Verfahren Rüdiger vom Bruch, Was war und was ist Universitäts- und Wissenschaftspolitik? Anmerkungen zu einem immer wieder aktuellen Thema Mitchell G. Ash, Wissenschaft und Verantwortung. Zur Historisierung einer diskursiven Formation Teil IV: Universität und Gesellschaft Andreas Krummenacher, «In einem öffentlichen Vortrag soll Rechenschaft abgelegt werden». Die Rektoratsreden und Rektoren am Beispiel der Universitäten Basel und Bern im 19. und frühen 20. Jahrhundert Frank Wagner, Professoren in Stadt und Staat. Das Beispiel der Berliner Universitätsordinarien Harald Lönnecker, Studenten und Gesellschaft, Studenten in der Gesellschaft. Versuch eines Überblicks seit Beginn des 19. Jahrhunderts Elmar Schübl, «Wir wollen ein Gebäude aufführen von fester Dauer». Zur Standortproblematik und baulichen Entwicklung der österreichischen Universitäten im 19. und 20. Jahrhundert Walter Rüegg, Die Sprengung des Elfenbeinturms Alfred Gutschelhofer, «Was ist Universitätsreform?». Eine realistische Standortbestimmung der KFU im UG 2002 Notker Hammerstein, Einige Anmerkungen zum Schluss als zusammenfassender Kommentar
Autorenportrait
Der Herausgeber: Prof. Dr. phil. Rainer Christoph Schwinges, geb. 1943 in Paderborn, studierte Geschichte, Soziologie, Philosophie und Psychologie an den Universitäten Köln, Münster und Gießen. Nach seiner Habilitation hatte er Dozenturen an den Universitäten Osnabrück, Bielefeld und Gießen. Von 1989 bis 2008 war er Professor für Allgemeine Geschichte des Mittelalters an der Universität Bern. Seit 2008 ist er emeritiert. Seine Forschungsschwerpunkte sind Sozial- und Verfassungsgeschichte, Ideen- und Kulturgeschichte des hohen und späten Mittelalters, Kreuzzugsgeschichte, Stadt- und Migrationsgeschichte, Historische Geographie und Universitäts-, Bildungs- und Wissenschaftsgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit.