Beschreibung
'Es gibt kein Kunstwerk, das nicht seine Fortsetzung oder seinen Ursprung in anderen Künsten hat' Dieser Satz des französischen Philosophen Gilles Deleuze aus einem Aufsatz aus dem Jahr 1986 bringt auf den Punkt, was KünstlerInnen und aufmerksamen KunstbetrachterInnen seit Langem klar vor Augen steht: Keine Kunstform und kein Kunstwerk ist je voraussetzungslos. Gerade die fruchtbare Beziehung zwischen den Künsten kann die qualitätvollsten und spannungsreichsten Arbeiten hervorbringen. In diesem Buch geht es um ein zeitgenössisches Beispiel einer solchen geistigen Befruchtung und zwar zwischen Tanz und bildender Kunst: Der Dresdner Künstler Jean Kirsten beschäftigt sich seit 2009 mit den Ideen des österreichisch-ungarischen Tänzers, Choreografen und Tanztheoretikers Rudolf von Laban (1879-1958). Während seiner intensiven Auseinandersetzung mit den Lehren Labans hat Kirsten in den vergangenen sieben Jahren abstrakte Bilder und Collagen, raumfüllende Arrangements und dreidimensionale Objekte geschaffen. Im Laufe der Zeit sind über sich selbst hinauswachsende Zeichen-Systeme und wuchernde geometrische Ornament-Teppiche entstanden: ebenso fragil wie komplex in ihrer einzelnen Form und in der Gesamtstruktur, ebenso frei wie logisch-systematisch in den ihnen zugrundeliegenden Konstruktionen und Prinzipien. Teresa Ende Seit 2009 beschäftige ich mich mit den Theorien von Rudolf von Laban. Ich bin kein Tänzer, aber ich bin sehr dankbar, durch diesen für mich völlig neuen Blickwinkel eine neue Sicht auf mein Metier der Bildenden Kunst bekommen zu haben. In Gesprächen mit Menschen, die zum Teil Laban noch kennen lernen durften und/oder sein Werk fortführen, wurde mir immer wieder dargelegt, dass es ganz im Sinne von Laban ist, sein Werk schöpferisch zu gebrauchen. In diesem Buch findet der Leser Zitate von Laban neben Abbildungen meiner Arbeiten, beide stehen völlig autonom, keines illustriert das andere. Ein Vergleich der Wertigkeit schliesst sich hoffentlich von selbst aus. Dieses Buch möge dem Leser und Betrachter im besten Sinne Anregungen geben und vielleicht gibt es einen kleinen Anstoss dazu, dass Rudolf von Labans Werk wieder mehr ins alltägliche Bewusstsein rückt. Seit 2013 versuche ich, in meiner Heimatstadt Dresden in den teilrekonstruierten Gebäuden des ehemaligen Lahmann Sanatoriums auf dem Weißen Hirsch an die Begegnung von Suzanne Perrottet und Rudolf von Laban im Frühling 1912 zu erinnern. Es ist mir bisher nicht gelungen, Entscheidungsträger dazu zu bringen, dass dieser Impuls der europäischen Tanzgeschichte entsprechend gewürdigt wird. Jean Kirsten