Beschreibung
Frischlins deutsche Dichtungen nehmen eine Sonderstellung in dessen Werk ein. So verfasste Frischlin die Mehrzahl seiner Texte auf Latein, der humanistischen Bildungssprache seiner Zeit; das Deutsche hingegen betrachtete er als niedere Volkssprache und empfand seine Verwendung vor allem als Zugeständnis an ein vermeintlich ungebildetes Publikum. Dazu zählte für Frischlin nicht nur das einfache Volk, sondern auch der Großteil des Adels. Es ist vor diesem Hintergrund kein Zufall, dass sich Fraw Wendelgard (1580), Frischlins einziges zu Lebzeiten veröffentlichtes deutschsprachige Drama und zugleich eines seiner bekanntesten Werke, in dem er einen historischen Stoff aufgriff, an ein höfisches Publikum richtete. Außer der Wendelgard schrieb Frischlin auch Entwürfe für drei Bibelkomödien (Hochzeit zu Kana, Joseph, Ruth), die, auf bereits früher gefasste Pläne zurückgehend, während seiner Haft auf der Burg Hohenurach (1590) entstanden, jedoch unvollendet blieben und erst mehrere hundert Jahre später im Druck erschienen. Frischlins letztes volkssprachliches Werk, Vom Leben/ Raisen/ Wanderschafften vnd zustand Des Grossen S. Christoffels (1591), erschien erst nach seinem Tod und obwohl seine alleinige Urheberschaft an dem Text nicht völlig gesichert ist, wird er gemeinhin als Arbeit Frischlins angesehen. Als gereimte Satire auf die Missstände der Welt stellt S. Christoffel dabei noch heute eine ebenso kurzweilige wie unterhaltsame Lektüre dar. Neben den poetischen Schriften im engeren Sinn enthält der Band auch die Kurtze Abfertigunge (1589), eine gegen den Melanchthon-Anhänger Sebastian Gobler gerichtete Polemik, in der Frischlin für den mit ihm befreundeten Theologen Polykarp Leyser Partei ergriff. Im auffälligen Kontrast zu Frischlins eigener Geringschätzung seiner volkssprachlichen Produktionen waren es gerade diese, die im 19. Jahrhundert wesentlich zu seiner Wiederentdeckung beitrugen und ein neuerliches Interesse an seinem Werk begründeten. Mit der kritischen Edition der deutschen Dichtungen und Entwürfe im Rahmen des IV. Bandes der Sämtlichen Werke werden diese also um einen Schriftenkomplex erweitert, der sowohl für das Verständnis von Frischlins Gesamtwerk wie auch dessen Rezeption von zentraler Bedeutung ist.