Beschreibung
Die Studie, die sich mit der Entscheidungspraxis in den sogenannten "Ghettorenten-Verfahren" beschäftigt, zeichnet die gerichtlichen Argumentationen nach, mit denen die Erinnerungen der Antragstellerinnen und Antragsteller als lückenhaft und damit nicht glaubhaft bewertet wurden. Die sozialpsychologische Analyse konfrontiert eine transdisziplinäre Erörterung zur Form von Erinnerung an traumatisierende Erfahrungen im hohen Alter mit der gerichtlichen Praxis der Zuweisung von Glaubwürdigkeit. Dabei werden Konzepte und Schemata der forensischen Aussagepsychologie ebenso wie neueste Ergebnisse der Gedächtnis- und Traumaforschung einbezogen. Wären jene Differenzen des "Kerngeschehens", die im Verständnis der Verwaltung und der Erinnerung der Holocaust-Überlebenden hinsichtlich der Arbeit im Ghetto deutlich wurden, vermittelbar gewesen? Die Studie deckt neben den Verfahrensproblemen Haltungen der Verweigerung auf, die Darstellungen der Überlebenden als vertrauenswürdig zu werten. Als ein Beitrag zu einem Kapitel der jüngsten Zeitgeschichte - der letzten Sachfrage, in der das Verwaltungs- und Rechtssystem Deutschlands mit den jüdischen Überlebenden konfrontiert ist -, verfolgt die Analyse eine disziplinen- und problemübergreifende Diskussion zur Würdigung der Aussagen traumatisierter Zeugen vor Gericht.