Beschreibung
Koschorke ist in seiner bekannten Untersuchung der geheimen Verbindung zwischen Neurologie und Mediologie auf der Spur. Dabei geht das Buch von zwei scheinbar disparaten Themenkomplexen aus. Es zeichnet erstens einen Wechsel des medizinischen Paradigmas im 18. Jahrhundert nach: vom humoralen Leib der alteuropäischen Tradition zum neuronalen, d. h. in sich geschlossenen, nervengesteuerten Organismus. Es untersucht zweitens den Umbruch der Kommunikationsverhältnisse in jener Zeit, die durch eine rapide Zunahme des Schriftverkehrs gekennzeichnet ist und diverse Schreibrituale erfindet, um die wachsende räumlich-körperliche Distanz zwischen den kommunizierenden Individuen gesellschaftlich operabel zu halten. Diese beiden Entwicklungen verlaufen aber nicht nur parallel, sondern sind exakt aufeinander abgestimmt. Sie führen zu neuen Formen der physiologischen und sozialen Zirkulation, die man unter dem Generalnenner einer Anthropologie der modernen Schriftkultur zusammenfassen kann.