Beschreibung
Keine politische Institution in der Bundesrepublik spiegelte in all den Jahren der staatlichen Teilung das facettenreiche, von besonderer menschlicher Tragik, von Irrationalität und Widersprüchlichkeiten geprägte innerdeutsche Verhältnis so wider wie das Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (BMG). An seiner Geschichte lässt sich geradezu exemplarisch die wechselvolle Entwicklung der deutsch-deutschen Beziehungen aufzeigen. Das gilt etwa für die zahlreichen, auf Destabilisierung der DDR zielenden "Undercover-Aktivitäten" des BMG, aber auch für dessen nach innen gerichteten kommunistischen Abwehrkampf. All diese Maßnahmen verstanden sich stets als Beitrag zur Überwindung der deutschen Teilung. Sie fügten sich damit weitgehend in die während der 1950er Jahre praktizierte US-amerikanische Befreiungspolitik ein. Das gesamtdeutsche Ministerium steht aber nicht nur stellvertretend für die Geschichte des Antikommunismus im Nachkriegsdeutschland. Es symbolisiert auch den politischen Wandel, der sich spätestens seit den ausgehenden 1960er Jahren in den Anfängen einer "Neuen Ostpolitik" manifestiert. Gerade in diesem Zusammenhang war es das gesamtdeutsche Ressort, von dem wider Erwarten wichtige Impulse ausgingen, die dann nach 1969 einen innerdeutschen Entspannungsprozess einleiteten. Die Studie bietet insgesamt tiefe Einblicke in die politische Alltagspraxis und die speziellen Mechanismen des Kalten Krieges. Sie liefert Erklärungen für die sich wandelnden Mentalitäten und für die politische Kultur der frühen Bundesrepublik. Nicht zuletzt deshalb versteht sie sich als Beitrag zur Erforschung der Cold War Culture.