Beschreibung
Die vorliegende Sammlung "Soziale Sünde und Revolution" aus der Tolstoi-Friedensbibliothek wird eingeleitet mit einem Vorwort von Gregor Gysi. Der Band vereinigt die zentralen Texte Leo N. Tolstois über das Privateigentum, die Versklavung der Arbeitenden, Wege der Befreiung und den Irrweg des Blutvergießens. Den frühen Ausführungen zur 'Geldtheorie' aus der Schrift "Was sollen wir denn tun?" (1882-1886) folgen Wortmeldungen zur 'Sozialen Frage' und zum politischen Zeitgeschehen aus dem letzten Lebensjahrzehnt des russischen Dichters: Moderne Sklaven (1900); Das einzige Mittel (1901); Der Zar und seine Helfershelfer (1901); An die Arbeiter (1902); Die große soziale Sünde (1905); Das Ende eines Zeitalters: Die bevorstehende Umwälzung (1905); Was tun? (1906); Aufruf an die Russen (1906); Die Bedeutung der russischen Revolution (1906); An den Premierminister P. A. Stolypin (1907); Brief an einen Revolutionär (1909); Über den Sozialismus (Fragment 1910); ausgewählte Aussagen Tolstois über die Beherrschten, die herrschende Klasse, Eigentumsverhältnisse und angestrebte Lösungen nach 'Protokollen' von Alexander Borissowitsch Goldenweiser (Zeitraum 1898-1909).
Tolstoi-Friedensbibliothek:
Reihe B, Band 7 (Signatur TFb_B007).
Herausgegeben von Peter Bürger.
Autorenportrait
Leo N. Tolstoi:
Leo (Lew) Nikolajewitsch Tolstoi (1828-1910) stammte aus einer begüterten russischen Adelsfamilie; die Mutter starb bereits 1830, der Vater im Jahr 1837. Zunächst widmete sich der junge Graf dem Studium orientalischer Sprachen (1844) und der Rechtswissenschaft (ab 1847). 1851 Eintritt in die Armee des Zarenreiches (Kaukasuskrieg, Krimkrieg 1854). 1862 Eheschließung mit Sofja Andrejewna, geb. Behrs (1844-1919); das Paar hatte insgesamt dreizehn Kinder (Hauptwohnsitz: Landgut Jasnaja Poljana bei Tula). Literarischen Weltruhm erlangte L. Tolstoi durch seine Romane "Krieg und Frieden" (1862-1869) und "Anna Karenina" (1873-1878). Ab einer tiefen Krise in den 1870er Jahren wurde die seit Jugendtagen virulente religiöse Sinnsuche zum "Hauptmotiv" des Lebens. Theologische bzw. religionsphilosophische Arbeiten markieren die Abkehr von einem auf dem Pakt mit der Macht erbauten orthodoxen Kirchentum (Exkommunikation 1901). Für Christen sah Tolstoi ausnahmslos keine Möglichkeit der Beteiligung an Staats-Eiden und Tötungsapparaten (Militär, Justiz, Todesstrafe, Herrschaftsideologie des Patriotismus, blutige Revolution mit Menschenopfern). Die in der Bergpredigt Jesu erkannte "Lehre vom Nichtwiderstreben" ließ ihn schließlich zu einem Inspirator Gandhis werden. Lackmusstext für den Wahrheitsgehalt aller Religionen waren für Tolstoi die Ablehnung jeglicher Gewalt und das Zeugnis für die Einheit der ganzen menschlichen Familie. Thomas Mann fand wenig Gefallen an der hochmoralischen "Kunsttheorie" und den (von Rosa Luxemburg z.T. durchaus geschätzten) Traktaten des späten Tolstoi, bemerkte aber - mit Blick auf die vielen Millionen Toten des Ersten Weltkriegs - 1928 anlässlich der Jahrhundertfeier von Tolstois Geburt: "Während der Krieg tobte, habe ich oft gedacht, dass er es nicht gewagt hätte auszubrechen, wenn im Jahre vierzehn die scharfen, durchdringenden grauen Augen des Alten von Jasnaja Poljana noch offen gewesen wären."
Peter Bürger:
Herausgeber: Peter Bürger (geb. 1961 in Eslohe/Sauerland), katholischer Theologe (Studium Bonn, Paderborn, Tübingen 1982-1987), Krankenpfleger (Examen 1991), psycho-soziale Berufsfelder; seit 2003 freier Publizist. Herausgeber der Reihe "Kirche & Weltkrieg" (https://kircheundweltkrieg.wordpress.com/) und des von ihm konzipierten Editionsprojektes "Tolstoi-Friedensbibliothek" (www.tolstoi-friedensbibliothek.de). Mitgliedschaften: Internationale katholische Friedensbewegung pax christi (ab 1980); Internationaler Versöhnungsbund (deutsche Sektion); DFG-VK; Solidarische Kirche im Rheinland; Ökumenisches Institut für Friedenstheologie. - Auszeichnungen für Forschungen (Kultur, Geschichte): Bertha-von-Suttner-Preis (Film & Medien, 2006); Förderpreis für Westfälische Landeskunde (2010); Johannes-Sass-Preis (2014); Rottendorf-Preis für niederdeutsche Literatur (2016).