Beschreibung
Studienarbeit aus dem Jahr 2015 im Fachbereich Russistik / Slavistik, Note: 1,3, Friedrich-Schiller-Universität Jena (Romanistik), Veranstaltung: Vampirglaube auf dem Balkan, Sprache: Deutsch, Abstract: In Rumänien führt man gern Meinungsumfragen durch. Es werden die größten, die bittersten oder die bedeutendsten Rumänen gewählt. 1999 wurden in einer Umfrage die wichtigsten historischen Persönlichkeiten, die das Schicksal der Rumänen positiv beeinflusst haben, ermittelt. Der Walachenfürst Tepes erhielt dabei 4,1 Prozent der Stimmen. Er lag damit zwischen dem Moldaufürsten Stefan dem Großen (13,4 Prozent) und dem ersten König Rumäniens, Carol I. (3,1 Prozent). Vlad III. Draculea ist populär. In Rumänien, wovon sein damaliges Herrschaftsgebiet einen Teil bildet, widmete man sich ihm in verschiedenen Phasen der historischen Forschung. Heute ist er allgemein bekannt und auch verehrt für seine starke Herrschaft in der spätmittelalterlichen, von den Osmanen bedrohten und den Ungarn unterworfenen Walachei. Die derartige Popularität Tepes hat ihren Ausgangspunkt in der Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts, die im Gefolge des damaligen rumänischen Nation-Building-Prozesses etabliert worden ist. Obwohl schon damals seine Person und sein Wirken kontrovers diskutiert wurden, setzte sich die Meinung durch, er sei ein mutiger Fürst gewesen, der im Innern für Ordnung und nach außen für Stabilität gesorgt habe. Vlad III. Draculea ist populär. Nicht ohne Stolz weist man in Rumänien auf seine internationale Bekanntheit hin. So spricht etwa Giurescu davon, dass Tepes wegen seiner Taten in außergewöhnlicher Weise die Aufmerksamkeit der europäischen Öffentlichkeit auf sich gezogen habe. Boia nennt ihn den in Europa am meisten mediatisierte[n] rumänischen Herrscher des Mittelalters. Der Kontext des spätmittelalterlichen Europas spielt für die Popularität Tepes in ganz anderer Weise eine Rolle als das rumänische Bedürfnis nach Nationalhelden im 19. Jahrhundert. Draculeas Zeitgenossen sind diejenigen, die mit ihren literarischen Werken seine Grausamkeit betonen und in dieser Hinsicht vermutlich die Grundlage für Bram Stokers Dracula bilden. Dieses verzerrte Bild über ihn ist in einen dauerhaften Widerstreit mit dem ebenfalls verzerrten Herrscher-Bild über Tepes getreten. Die Grundfrage für die Debatte lautet nicht, wie Vlad III. wirklich war, sondern wie die Geschichten- und Geschichtsproduktion über ihn abgelaufen und wovon sie möglicherweise beeinflusst ist.
Autorenportrait
Janka Vogel (geb. 1988) hat in Kassel, Marburg, Sibiu (Rumänien) und Jena ev. Theologie, Erziehungs- und Bildungswissenschaft (Schwerpunkt Sozial- und Rehabilitationspädagogik) und Südosteuropastudien (Schwerpunkt Rumänien und Republik Moldau) studiert. Ihre Forschungsinteressen sind Migration aus Rumänien, rumänische Diaspora, europäische Sozialpolitik und Europäisierung Sozialer Arbeit; außerdem Geschichte und Politik Rumäniens, Minderheiten in Rumänien und Antiziganismus. Sie war wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Romanistik der Friedrich-Schiller-Universität Jena und arbeitet derzeit als Sozialarbeiterin mit rumänischen MigrantInnen in Berlin.