Beschreibung
Die Verteidigung der Demokratie beginnt nicht irgendwo "da oben", wo man sie an Parteien, Medien und Institutionen delegieren kann, sondern bei uns selber, spätestens dann, wenn wir wieder das offene Wort suchen. Der Schriftsteller Matthias Politycki und der Philosoph Andreas Urs Sommer im wohlwollend kritischen Gespräch jenseits der politisch korrekten Diskurse - über Grundsätzliches, das gelegentlich vor Tagespolitischem nicht zurückschreckt und sich wie eine längst überfällige Anleitung zum Selberdenken liest. So unterschiedlich sich Politycki und Sommer verorten - als alter Grüner der eine, als anarchischer Konservativer der andere -, finden sie jenseits aller Meinungsunterschiede ausgerechnet dort zueinander, wo sich Meinungen zur Haltung bündeln: zur Haltung nämlich, jeden Tag aufs Neue und je nach veränderten Umständen die eigene Haltung überdenken zu wollen und sie dann auch gegenüber linken oder rechten Mainstream-Diskursen zu vertreten. Nur von dieser undogmatisch liberalen und mitunter kreativ chaotischen Mitte des Denkens aus ist eine lebendige Demokratie am Leben zu erhalten: Demokratie braucht Denken - ein Denken jenseits der Denkverbote.
Autorenportrait
Matthias Politycki, 1955 geboren, lebt in Hamburg und München, die Hälfte des Jahres ist er auf Reisen. Der 'Abenteurer der deutschen Literatur' (Hajo Steinert) veröffentlicht seit dreißig Jahren Romane, Erzählungen, Gedichte, Essays, Reisereportagen und -erzählungen. Bei Hoffmann und Campe erschienen zuletzt seine Reisebücher Schrecklich schön und weit und wild (2017) und Meine Reise zum Tadsch Mahal (2018) sowie Sämtliche Gedichte 2017-1987 (2018). Andreas Urs Sommer, geboren 1972, stammt aus der Schweiz und ist Professor für Philosophie mit Schwerpunkt Kulturphilosophie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg sowie Leiter der Forschungsstelle Nietzsche-Kommentar der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Neben seinen fachwissenschaftlichen Publikationen hat er zahlreiche philosophische Bücher geschrieben, die sich an breiteres Publikum wenden; ausgezeichnet wurde er u.a. mit dem Friedrich-Nietzsche-Preis, dem Landesliteraturpreis des Landes Sachsen-Anhalt 2012 und mit der Fellowship der Carl Friedrich von Siemens Stiftung 2017/18.
Inhalt
Haltung als Programm, Haltung als Spiel.- Verkrümmungsdruck und großes Gliederstrecken.- Eine altmodische Haltung der Mitte.- Aufklärung 6.0 oder wohlige Horror-Abende mit der Tagesschau.- Die Verschweizerung Europas als Idee und Erscheinung.- Schlechte Laune beim Lesen von Nachrichten.- Blaubeeren, Tannenzapfen, deutscher Alltag.- Haltungswiderstand und Widerstandshaltung.- Intellektuelle als Problematisierungskünstler.- Glück und das neoliberale Recht auf Unglück.- Bonuspunkte für Herdentiere.- Gleichgültigkeit als Fokussierungskraft und entfesselte Egozentrik.- Bauchgrimmen.- Durchgangswege.- Haltungsbegriffe und Begriffshaltungen.- Gewohnheit versus Haltung.- Die beste aller Welten?.- Schwertkampf.- Der Nachbar als Bösewicht.- Die Grenze der Anderen.- Auf dem Grill der eigenen Weltanschauung.- Weltveränderungsworte, Leidenslust.- Grenzprobleme.- Kamel – Löwe - Lemming.- Was Europa sein will, und was es ist.- Haltung als Selbstbehauptung.- Rein in die Tonne? Raus aus der Tonne?.- Japan.- Sprachpurismus, Selbstzensur, Sprache hinter der Sprache.- Zivilcourage oder ziviler Ungehorsam.- In den Pumpensümpfen deutscher Befindlichkeit.- Freiheit wovon, Freiheit wozu.- Und nun Hand aufs Herz.