Beschreibung
Es gibt wohl nur wenige Bücher des 20. Jahrhunderts, in denen die Wunschbilder und Aporien deutscher Geistes- und Kulturgeschichte, ästhetischer Fundamentalismus und die Überzeugung von der «Endzeit der Kunst», deutsche Innerlichkeit und faschistische Gewalt so präzise, aber auch so schonungslos reflektiert wurden wie in Thomas Manns Doktor Faustus-Roman von 1947. Faszination und Provokation der Biographie des deutschen Tonsetzers Adrian Leverkühn resultieren auch nach fünfzig Jahren aus einem ironisch-distanzierten und sympathetischen Blick auf den Antimodernismus und die «Konservative Revolution» deutscher Intellektueller und Künstler, aber auch auf die Höchstleistungen moderner Musik und Musiktheorie im 20. Jahrhundert (Schönberg, Adorno u.a.), die im Rückgriff auf die spätmittelalterliche Faust-Sage zusammengeführt werden. In vorliegender Publikation stehen diese Schnittpunkte zwischen dem alten Stoff und seiner noch höchst aktuellen Deutung im Mittelpunkt.
Autorenportrait
Der Herausgeber: Werner Röcke, geboren 1944; Lehrstuhl für Ältere deutsche Literatur an der Humboldt-Universität zu Berlin; Lehr- und Forschungsschwerpunkte: Mentalitätsgeschichte/historische Anthropologie, Akzent: Literaturgeschichte des Lachens im Mittelalter, Konstitution eines neuzeitlichen Weltbildes in der europäischen Erzählliteratur des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit, spezifisch: die Erarbeitung zentraler Paradigmen wie z.B. die Entwicklung von Individualität, die Darstellung von Herrschaft und fremden Kulturen.