Erotische Literatur versetzt beide Seiten, die Autoren- und die Leserschaft, in Aufregung und Erregung. Die Triebe, die einer Geschichte die notwendige Ration an Stimulantien geben, werden in der Bildspur verdeutlicht. Wie sich der Autor in seinem Text austobt, so kann das auch der Illustrator tun. Er ist zwar nicht ganz frei, die Handlung zu interpretieren, denn der Text gibt ja zumindest die Situierung und Positionierung, die Narration und Programmation der Szenen vor. Dennoch akzentuiert der Illustrator mit seinem Strich das Geschehen, macht es evident. Er vermittelt zwischen der Fiktion des Autors und dem Leser, der eine gewisse Hilfe der Übersetzung braucht/wünscht/akzeptiert. Der Illustrator bekennt sich als Interpret des Textes und macht den Text möglicherweise auch anders verständlich, als man ihn zuerst gelesen hat. Frivolität, Sarkasmus, Ironie, Sex und Gewalt leuchten womöglich in einem Text anders auf, als wenn man ihn selber liest und interpretiert, ohne beigefügtes Bildmaterial. Der Illustrator weiss um seine Wirkmacht, er ist, zumindest für das eine Buch, die interpretierende Autorität. In der erotisch-pornografischen Literatur sprach man von der Literatur für die linke Hand, will heissen, mit der linken Hand hielt man das Buch, während die rechte in die Feuchtgebiete wanderte und dort mit Lust und ohne Scham und Schuldgefühl vordrang und für Erregung bis zur Ermattung sorgte. Die Publikation präsentiert 150 Bücher französischer Provenienz aus der Zeit von 1881–1983. Es sind klassische Texte der erotischen Literatur von Giovanni Boccaccio über Casanova und John Cleland bis Pierre Louys, die von wichtigen Illustratoren wie Paul-Emile Bécat, Antoine Calbet und Raoul Serres, sowie einigen Illustratorinnen wie Leonor Fini visualisiert wurden.