Beschreibung
'Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.' Ein Vers aus dem Johannesevangelium, scheinbar beiläufig von Caspar David Friedrich in einer frühen Porträtzeichnung zitiert, markiert das Kernproblem, um das seine Kunst kreist. Die biblische Kritik an einem falschen Vertrauen in den Sehsinn wird zum Ausgangspunkt eines neuen Bilddenkens, das Glauben und Sehen auf anspruchsvolle Weise miteinander verknüpft. Seine Bilder illustrieren nicht bestimmte Gedanken, sondern überführen sie in eine genuin bildliche Form des Denkens. Sie entfalten eine Bildkritik, die den protestantischen Vorbehalt gegen die Sinnlichkeit ernst nimmt, sich dazu aber des Bildes bedient und dessen Möglichkeiten in radikaler Weise auslotet. Dabei erschließt sich nicht allein eine neue religiöse Bildkunst, sondern ein Verständnis des Bildes, das weit über seine historische Bedingtheit hinaus von ungebrochener Aktualität ist.
Autorenportrait
Johannes Grave lehrt als Professor für Historische Bildwissenschaft/Kunstgeschichte an der Universität Bielefeld. Zuvor war er von 2009 bis 2012 stellvertretender Direktor des Deutschen Forums für Kunstgeschichte in Paris. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen die Kunst und Kunsttheorie der Goethezeit, die Malerei der Renaissance sowie Theorien des Bildes.
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