Beschreibung
Der von Marie-Antoinette in Auftrag gegebene und zwischen 1783 und 1789 durch Richard Mique in Versailles erbaute Hameau de la Reine besteht aus einem um einen künstlichen Weiher angelegten Ensemble von zwölf Bauernhäusern. Die vermeintlich vernakuläre Anlage ist jedoch von einem Widerspruch gekennzeichnet: Manche der rustikalen Gebäude waren vom dort arbeitenden Personal bewohnt oder wurden für agrikulturelle Produktion genutzt, andere dienten lediglich dem höfischen Vergnügen. Der äußerliche Schmutz war aufgemalt, innen zeigte sich zum Teil eine opulente Ausstattung. Das Buch rekonstruiert die Funktions- und Nutzungsgeschichte der Gartenanlage anhand bislang nicht berücksichtigter Archivquellen. Zugleich erschließt es den Hameau de la Reine kulturwissenschaftlich, indem es ihn in den Horizont der sich herausbildenden Epoche der Empfindsamkeit einordnet. Dabei zeigen sich die Objekthaftigkeit von Architektur, der Status von 'ausgestellten Körpern', Nützlichkeit als ästhetische Kategorie oder die Frage nach der künstlichen Herstellung von 'Natürlichkeit' als zentrale Themen, die weit über die 'Sattelzeit' hinaus Bedeutung beanspruchen: Im Hameau de la Reine wird Authentizität zum ästhetischen Kalkül, dessen Spuren bis in die Gegenwart reichen.
Autorenportrait
Felix Vogel Der Kunsthistoriker Felix Vogel ist seit 2021 Professor für Kunst und Wissen an der Universität Kassel und Mitglied des documenta Instituts. Zuvor unterrichtete er unter anderem in Basel, Hamburg, São Paulo, Toronto und Zürich. Seine Promotion schloss er 2017 an der Université de Fribourg ab. Neben der Kunst des 18. Jahrhunderts beschäftigt sich Felix Vogel insbesondere mit der Konzeptkunst sowie der Theorie und Geschichte der Ausstellung.