Beschreibung
Warum und unter welchen Umständen werden Biographien als sinnhafte und überzeugende Darstellungen anderer Leben anerkannt? Diese Frage nach der Legitimität adressiert ein Kernproblem der Biographik, das ungeachtet seiner fundamentalen Bedeutung bislang in der Biographieforschung nur am Rande reflektiert wurde. Welche Beglaubigungsstrategien werden wann und von wem in welchen Kontexten als gültig akzeptiert? Wer gilt als legitime Biographin, wer als legitimer Biograph und wessen Lebensgeschichte als angemessener Stoff für eine Biographie? Mithilfe welcher Techniken evozieren Biographinnen und Biographen die Glaubwürdigkeit ihrer Darstellung? Der vorliegende Band diskutiert diese und ähnliche Fragen im Rahmen ganz unterschiedlicher Fallstudien und nimmt damit erstmals die Legitimationsmechanismen des Biographischen in den Blick, ihre historischen und kulturellen Kontexte, die Akteure, die Techniken der Legitimation und ihre Grenzen. Er präsentiert die Ergebnisse der internationalen Tagung «Legitimationsmechanismen des Biographischen», die im September 2012 an der Universität Wuppertal stattfand.
Autorenportrait
Christian Klein ist Akademischer Rat (a.Z.) für Neuere deutsche Literatur und Allgemeine Literaturwissenschaft an der Bergischen Universität Wuppertal, Mitglied des dortigen Zentrums für Erzählforschung und Gründungsmitglied des Zentrums für Biographik. Forschungsschwerpunkte neben der Biographik sind Rezeptionsforschung (Kultbücher), Narratologie, Gegenwartsliteratur und Comics. Falko Schnicke war nach seiner Promotion an der HU Berlin Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Historischen Seminar der Universität Hamburg und ist seit 2015 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am DHI London. Seine Forschungsschwerpunkte neben der Biographiegeschichte sind die Kulturgeschichte der Politik im 20. Jahrhundert, Wissenschaftsgeschichte sowie Geschlechter- und Körpergeschichte des 18. bis 20. Jahrhunderts.
Leseprobe
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Inhalt
Inhalt: Christian Klein/Falko Schnicke: Legitimationsmechanismen des Biographischen: Bestimmung und Systematik – Walter Berschin: Wie wird die Bearbeitung einer Biographie im frühen und hohen Mittelalter begründet? Zur Legitimation der Umstilisierung von lateinischen Biographien – Daniel Ehrmann: Fragmentierung und Nekromantie. Strategien und Mechanismen der Legitimation biographischer Darstellung um 1800 – Arthur Schlegelmilch: Historische Biographik als wahrer Roman: Golo Manns Wallenstein-Erzählung – Ruth Dawson: Geschlecht, Sexualität, Legitimation: Claude-Carloman de Rulhière über Katharina die Große – Wolfgang Schamoni: Japanische Biographie im Übergang von der feudalen Ständegesellschaft zur Moderne: Hannes Schweiger: Lebensläufe über Grenzen. Zur Transnationalisierung der Biographik – Kerstin Maria Pahl: Frontverläufe. Biographische Darstellungen John Miltons als politische Stellungnahmen im englischen 18. Jahrhundert – Anna Busch: Briefbiographie um 1800. Legitimationsmechanismen einer Textsorte – Christopher Meid: Biographik als Provokation. Wilhelm der Zweite (1925) von Emil Ludwig – Knut Hickethier: Legitimationsmechanismen des biografischen Erzählens in Film und Fernsehen – Matthias Bauer: Diesseits und jenseits der Dokumentation. Der Spielraum der Szenografie und die Regeln der Biografie im Dokumentarfilm – Melanie Unseld: Köchelverzeichnis trifft Kamel. Musik und Paratexte in biographischen Filmen über Musiker – Anne Baillot/Christof Schöch: Wer schreibt hier Biographien? Autorität und Reputation beim Verfassen biographischer Wikipedia-Artikel – Christine Friederich: ... und raus bist du! Die Geschichte der Weißen Rose als Geschichte biografischer Ausschlüsse: Lorella Bosco: Biographie als Möglichkeitsraum. Bitextualität in Emmy Hennings’ Hugo Ball-Erinnerungsbüchern jenseits von Faktenbezogenheit – Caitríona Ní Dhúill: Vom Unbehagen an der Biographie. Metabiographische Reflexionen in Literatur, life writing und Film.